Nach dem Frühstück, das ich mir um 8:30 aufs Zimmer
bestellt habe und zu dem ich mir einen richtigen Kaffee koche und
genieße, verbringe ich einige Zeit damit, mein komplettes
Gepäck aus- und wieder neu einzupacken, damit ich die Dinge, die
ich für den Rest der Reise noch brauche, in dem kleinen
Köfferchen und den Rest in der großen Reisetasche
beziehungsweise die Schmutzwäsche lose im Kofferraum habe.
Um kurz nach 10 gehts dann los. Ich fahre noch einmal durch das
Städchen, entdecke ein Schild zu einem kleinen Wanderweg und
laufe spontan noch einmal ein bisschen durch den Urwald. Hier wird es
gerade Frühling, und es ist hübsch, die Blüten auf den
Bäumen und in den Gärten anzusehen .
Ich beschließe, die Wanderung an der Fletcher Bay auszulassen
und direkt nach Osten zu fahren, um dann an der Küste zurück
nach Süden in Richtung Rotorua weiterzufahren, wo ich eigentlich
hin will. Die Straße ist wieder unglaublich schön - ich
muss schon sagen, dass das Fahren hier das reinste Vergnügen
ist . Man kommt zwar
kilometermäßig nicht voran, aber das macht nichts, da es
auf kürzester Strecke viel mehr zu sehen gibt. In
Whitianga halte ich wieder mal an so
einer Touristen-Info und erkundige mich, was
man hier auf die Schnelle so unternehmen kann. Zum Cathedral Cove
wandern und anschließend zwischen 14:36 und 18:36 am Hot Water
Beach vorbeischauen, lautet die fachkundige Empfehlung.
Letzterer ist im Prinzip ein ganz normaler Strand, nur dass an
einer Stelle aus einer unterirdischen Quelle 65 Grad heißes
Wasser an die Oberfläche dringt. Das Zeitfenster deshalb, weil
die Stelle nur bei Ebbe plus/minus zwei Stunden zugänglich ist.
Laut Prospekt braucht man sich dort nur ein Loch zu graben, um ein
warmes "Wannenbad" nehmen zu können. Da bin ich ja mal
gespannt.
Cathedral Cove ist eine Art Torbogen im Felsen an einer hübschen
kleinen Bucht , und der Wanderweg dorthin
führt mich in einer knappen Dreiviertelstunde bei
wunderschöner Aussicht über Klippen am Meer lang und durch
Weideland. Hin und zurück habe ich so viel Zeit "verschwendet",
dass ich genau richtig gegen 15:00 am Hot Water Beach ankomme, wo ich
aber erst einmal einen Cappucino nehme. Nur nichts
überstürzen, ich bin ja schließlich im Urlaub und
nicht auf der Flucht.
Die Sonne scheint zwar, aber es ist höchstens 15 Grad warm und
ein starker Wind pfeift mir um die Ohren, sodass mir so gar nicht nach
Badehose zumute ist. Aber irgendwie muss ich ja mitkriegen, ob das
Wasser warm ist oder nicht. Ich ziehe daher die Schuhe aus und steige
in eine kurze Hose, bleibe aber ansonsten warm angezogen mit
Jacke.
Der Strand sieht in der Tat ganz normal aus und fühlt sich
auch ganz normal an für die Jahreszeit, nämlich eiskalt.
Doch an einer Stelle sehe ich schon von weitem eine Ansammlung von
Menschen - dort muss es sein . Mehrere Leute haben sich
jeweils ein kleines Loch gegraben, und darüber steigt Dampf
auf . Ich laufe am Strand
entlang an dem Spektaktel vorbei und verbrenne mir auf einmal die
Füße - so heiß hätte ich mir das Wasser nicht
vorgestellt. Man muss wirklich aufpassen, wenn man so am Strand
entlanggeht; es wechselt ständig zwischen ziemlich eiskalt und
brühend heiß. An einer Stelle sieht man das heiße
Wasser richtig aus dem Sand blubbern ; leider kann man dort so
gut wie nicht stehenbleiben, um ein Foto zu machen, denn es ist viel
zu heiß.
Ich hadere noch mit mir, ob ich mir doch meine Badehose anziehen
und mich auch ein bisschen ins warme Wasser legen soll, aber der
Aufwand scheint mir doch zu hoch. Und ich sehe, wie all die Leute
frieren, wenn sie dann ihr warmes Loch wieder verlassen.
Zurück im Auto will ich jetzt die verbleibenden zwei Stunden
Tageslicht nutzen, um möglichst weit Richtung Rotorua zu
fahren. Ich komme aber nicht so weit, wie ich dachte. Zum Einen wegen
der gewundenen Straße, auf der man eben die Aussicht
genießt und nicht so schnell vorankommt, zum Anderen, weil ich
wider Erwarten trotz der spannenden Fahrt gegen 17 Uhr müde
werde.
Ich halte in einem Ort namens Whangamata mit dem Vorsatz, mir
irgendwo eine Cola zu kaufen. Doch als ich so die Straße ein
bisschen entlanggehe und mir die tief stehende Sonne so anschaue,
beschließe ich, doch einfach hier ein Nachtquartier zu suchen.
Es hetzt mich ja keiner; diesmal muss ich ja nicht wie in Australien
eine bestimmte Strecke zurücklegen, sondern nur darauf achten,
dass ich wieder zurück nach Auckland komme. Es zwingt mich aber
keiner, unbedingt mit aller Gewalt die ganze Insel abzufahren.
Ich halte am erstbesten Model, das gleichzeitig auch eine "Tourist
Lodge" ist. Als die Dame im Office mich fragt, was für eine Art
Zimmer ich denn möchte, sage ich, das billgste. Oh, eine
Backpacker-Unterkunft? Mal sehen, das gibts ab 20 Dollar, ob ich denn
meinen Schlafsack mit habe? Äh, nein, also an ein Bett hatte ich
schon gedacht, und ein Einzelzimmer darf es dann auch schon sein. Ok,
da hier Sonntagabends so gut wie nichts los ist, könnte ich
für 25 Dollar ein gemachtes Bett haben. Ich besichtige das
Zimmerchen kurz und beschließe, mich darauf einzulassen. Es ist
zwar eine ganz andere Kategorie von Unterkunft, als ich mir bisher
gegönnt habe, aber für 25 Dollar gar nicht schlecht (das
sind übrigens weniger als 15 Euro!).
Mein Zimmerchen ist eigentlich ein Doppelzimmer mit zwei kleinen
Betten drin, und ansonsten fühlt sich die Unterkunft so an wie
ein Studentenwohnheim, mit gemeinsam genutzten Toiletten und Duschen,
einer großen Küche und einem gemütlichen
Aufenthaltsraum , der im Gegensatz zu
meinem Zimmer sogar beheizt ist. Statt wie sonst einsam und alleine in
meinem Zimmer zu hocken, setze ich mich also heute mal mit meinem
Notebook in den Gemeinschafttsraum und fange an, mein Tagebuch zu
schreiben.
Ein japanisch sprechendes Pärchen kocht und nimmt sein
Abendessen ein, und ich beschließe, meine Japanischkenntnisse
noch einmal auszuprobieren. Als er mich später irgendwann
zufällig auf Englisch anspricht, frage ich ihn auf Japanisch, ob
er Japaner ist, und unterhalte mich ein Viertelstündchen mit ihm.
Wie immer ist es mit dem Japanisch etwas schwierig, und ich habe schon
sooo viel vergessen, seit ich aus Japan weg bin :-(. Aber es macht
großen Spaß, und er spricht geduldig und langsam mit mir
und wechselt insbesondere nicht sofort auf Englisch, wenn ich mal
etwas nicht sofort mitkriege, wie es die meisten Leute in Tokyo
ständig getan haben.
Ich unterbreche die Unterhaltung nach einer Weile nur, weil mir der
Magen knurrt und fahre noch schnell in die Stadt, um was zu essen. Wie
ich später im Gespräch im Gemeinschaftsraum erfahre, habe
ich das gerade rechtzeitig getan, denn um 19:30 macht in Whangamata
anscheinend alles zu. Ich fühle mich wieder wie in diesen
australischen Geisterstädten. Nur mit dem Unterschied, dass ich
diesmal nicht alleine in meinem Zimmer vor dem Fernseher hocke,
sondern mit meinem Notebook im Gemeinschaftsraum sitze und mich im
Laufe des Abends mit verschiedenen Leuten unterhalte, während ich
nebenbei diese Zeilen eintippe. Wäre glatt zu überlegen, ob
ich mich zukünftig nicht mehr in Richtung Backpacker orientiere,
allein schon wegen der interessanten Gesellschaft. Ganz abgesehen
davon, dass es deutlich billiger ist. Mal schauen, wie ich in dem
unbeheizten Zimmer in dem schmalen Bettchen schlafe, und wie
unkomfortabel es mir vorkommen wird, eine Gemeinschaftsdusche zu
benutzen.
| |
|