18.9., Das Gras ist grüner hier

Beim Frühstück wälze ich unschlüssig meinen Reiseführer. Wo soll ich nur zuerst hinfahren? Nach Norden oder nach Süden? Ich treffe die Entscheidung erst, als ich im Auto sitze: Süden. Denn dort sind die Gegenden mit vulkanischer Aktivität: Geysiere, heiße Quellen und so weiter; so etwas fasziniert mich schon immer. Nach einigen Kilometern gilt es allerdings erneut eine Entscheidung zu treffen: Direkt nach Süden oder erst nach Osten, die Coromandel-Halbinsel rumfahren? Sieht auf der Karte gar nicht so weit aus, also erst nach Osten. Ich habe mich diesmal des Maßstabs vergewissert, nicht, dass es mir wieder so geht wie in Australien.

Das Gras ist unglaublich grün hier in Neuseeland, das muss man schon sagen Foto dazu. Ich fürchte, die Kamera bringt das gar nicht so richtig rüber, weil sie das irgendwie zu einem Standard-Grün korrigiert. Auf und ab geht es durch wunderschöne, grasbewachsene Hügel, auf manchen grasen Schafe, auf anderen Rinder. Ich weiß zwar nicht genau, wo der Herr der Ringe gedreht wurde, aber diese Gegend hier würde ein prima Auenland abgeben, sie ist jedenfalls nahe dran.

Als die Kreuzung der Entscheidung kommt, wähle ich die Coromandel-Halbinsel; sieht mir nach einem nicht allzu großen Umweg aus. Und wieder einmal habe ich mich getäuscht. Zwar sind die Entfernungen gar nicht so groß, aber anders in Australien, wo man so gut wie immer mit 100 km/h langweilig geradeaus fährt, ist dies hier eine - wunderschöne - Küstenstraße, die sich mal direkt am Wasser langschlängelt Foto dazu, dann wieder in Serpentinen irgendeinen Berg hoch und wieder runterführt und alles in allem eine wunderbare Aussicht bietet. Wesentlich spannender zu fahren als in Australien - ich glaube, hier wird mir nie langweilig werden -, aber man kommt halt auch viel langsamer voran; im Schnitt vielleicht wenns hochkommt mit 50.

In meinem schlauen Reiseführer stand ein Nebensatz, dass in Waiomu ein Wanderweg durchs Tal führe, auf dem mit seltenen Vogelarten zu rechnen ist. Da es noch früh am Tage ist, halte ich dort an und suche diesen Weg. Total verlassene Gegend; ich bin mir nicht so richtig sicher, wie weit man diese Straße fahren darf. An einer Art Parkplatz steht ein total schlammverschmiertes Schild das erkennbar ein Symbol für Wanderweg enthält und ansonsten unlesbar ist. Also stelle ich das Auto hier ab und laufe los. Es sieht so aus, als hätte man wohl noch einen Kilometer weiter fahren können, aber egal. An einer Stelle läuft der Fluss mitten über die Straße Foto dazu. Das Wasser ist aber sehr flach - denke ich zuerst und stapfe munter los, um dann doch mächtig nasse Füße zu kriegen, als es auf dem letzten Meter doch etwas tiefer ist.

Schließlich komme ich an einem Schild an, das den weiteren Weg beschreibt und unter anderem darauf hinweist, dass er einige "unbridged river crossings" enthalte. Als ich ein Vietelstündchen später an einer solchen akomme, gebe ich auf Foto dazu. Nicht, dass der Fluss hier unüberwindlich gewesen wäre, aber die Steine, über die man hüpfen müsste, sind doch teilweise recht weit auseinander, und ich habe Angst um meine Kamera. Außerdem sagt mir ein Blick auf die Uhr, dass ich doch mal schauen sollte, dass ich weiterkomme.

Die Coromandel-Halbinsel ist wirklich eine sagenhafte Landschaft, man möchte alle 50 Meter anhalten und ein Foto machen Foto dazu Foto dazu. Ganz so oft bietet die Straße allerdings keinen Platz zum Anhalten.

Als ich in der Stadt Coromandel ankomme, ist es schon nach 16 Uhr. So viel zu dem Plan, noch einige zig Kilometer weiter nach Norden zu fahren, davon die halbe Strecke über eine unbefestigte Straße, um dann an einen Wanderweg zu kommen, wo man noch ein paar Stunden wandern gehen könnte. Ich erkundige mich an der Touristen-Info Foto dazu, was man hier so alles unternehmen kann, und werde von der freundlichen Dame geradezu überschüttet mit Prospekten und Karten. Aber es sieht so aus, als hätte es keinen Sinn, noch irgendwohin weiterzufahren, also quartiere ich mich in dem Motel direkt hinter der Touristen-Info ein.

Das Motel ist eigentlich eine Kategorie schöner, als ich es brauche, aber ach, was solls. Wunderschönes Zimmer mit allem, was das Herz begehren könnte, unter anderem einer vollständigen Küche, die ich natürlich nicht brauche. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass es hier zusätzlich zu dem Instant-Kaffee, der in allen Motels zum Standard zu gehören scheint, auch richtiges Kaffeepulver gibt. Das ist ja nett, da kann ich mir morgen also mal einen richtigen Kaffee kochen.

Vor Sonnenuntergang bleibt noch Zeit, einen der kurzen Wanderwege entlangzugehen, den mir die Dame an der Touristen-Info empfohlen hat. Er bietet auf der einen Seite einen schönen Ausblick auf die Bucht Foto dazu und auf der anderen sieht man das Städchen Coromandel Foto dazu.

Zum Abendessen empfiehlt mir die Landlady ein Restaurant namens Umu, das ich ohne die Empfehlung nicht betreten hätte, da es von der Einrichtung her etwas kühl wirkt und keine Tischdecken hat. Innendrin werde ich zu meiner Überraschung aber zunächst abgewiesen - alle Tische sind reserviert. Nach einiger Überlegung meint die Bedienung aber, wie lange ich denn bräuchte; ein Tisch wird erst in einer Stunde gebraucht. Das reicht mir, ich wollte ja hier kein Viergängemenü essen. Der Service ist sehr aufmerksam und das Essen ein Gedicht, ich bin begeistert! Mit so guter Küche hatte ich hier "in der Wildnis" nicht gerechnet. Lammfilets, super zart, mit einer süßsauren Sauce, wie ich sie noch nie geschmeckt habe; da könnt ich mich reinlegen, den Geschmack zu beschreiben, fällt mir indes schwer. Und auch der Beilagensalat ist kreativer, als man es von 08/15-Restaurants gewohnt ist; einen Teil der Säure und zusätzlich Süße steuern dem Dressing zum Beispiel Orangen- (Graprefruit-?)Stückchen bei.

Den Abend verbringe ich zur Abwechslung mal wieder mit Tagebuchschreiben und Fernsehen; endlich bin ich wieder in einer Kleinstadt, wo es sonst nichts zu tun gibt.

 

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©2004 by Harald Bögeholz