20.05., Shopping in Tokyo

Zum Frühstück gibts ebitendon in einem kleinen Laden in Shinjuku, frittierte Krabben auf Reis, dazu Misosuppe Foto dazu Foto dazu. Anschließend gibts noch einen Kaffee, und dann streife ich mit Chandra durch diverse Geschäfte auf der Suche nach schicken Einrichtungsgegenständen für mein japanisches Zimmer. Außerdem brauche ich noch ein Mitbringsel für Willem, der sich um meinen Nymphensittich kümmert.

Beides gestaltet sich schwierig. Ich will eine schöne Schriftrolle an die Wand hängen, aber die wenigen, die ich bisher gesehen habe, gefielen mir nicht so recht. Und mir läuft die Zeit davon; heute ist praktisch die letzte Gelegenheit, in Ruhe zu suchen, denn ab morgen ist wieder Schule bis einschließlich Donnerstag, und dann muss ich auch schon meine Siebensachen packen und nach Hause fliegen.

Ich beschließe daher, zum Nihon-kiin zu fahren und eine Reproduktion der Schriftrolle zu kaufen, die dort in dem Zimmer hängt, wo die Titelkämpfe ausgetragen werden. Da weiß ich wenigstens, was draufsteht und dass es etwas mit Go zu tun hat.

Im Nihon-kiin scheint heute ein Turnier stattgefunden zu haben; wir kommen anscheinend gerade zur Siegerehrung an Foto dazu. Beim Materialverkauf arbeitet wieder die gleiche Verkäuferin, die auch zugegen war, als ich letztes Jahr mein Goban gekauft habe, und sie erkennt mich gleich wieder. Diesmal soll es also nur eine Schriftrolle sein; sie gehört trotzdem zu den teureren Dingen, die sie hier verkaufen. Ich hatte auch irgendwie einen niedrigeren Preis in Erinnerung, sodass ich mal wieder nicht genug Bargeld in der Tasche habe. Mein Ansinnen, mit Kreditkarte bezahlen zu wollen, löst dieselbe hektische Betriebsamkeit aus wie letztes Mal. Das scheinen sie hier wirklich nicht gewohnt zu sein, nicht mal so eine Ritsch-Ratsch-Maschine haben sie.

Stattdessen schreiben sie sich alles ab, was sie auf meiner Kreditkarte lesen können. Die Chefin ist aber immer noch misstrauisch: Die Karte gilt ja nur bis diesen Monat, dann geht das wohl nicht. Zum Glück habe ich schon die nächste Kreditkarte eingesteckt, die bis 2010 gilt und außerdem die gleiche Nummer trägt. Das überzeugt sie dann schließlich.

Während Chandra und ich im Untergeschoss das Go-Museum besuchen und dort unter anderem das Original der von mir erworbenen Schriftrolle bestaunen Foto dazu, wird sie hübsch eingepackt, und diesmal muss ich auch nicht eine halbe Stunde lang telefonische Rückfragen von Banken beantworten wegen der Transaktion. Der Betrag ist ja auch eine Größenordnung kleiner.

Und das war er auch schon, der Tag in Tokyo. Ich muss sehen, dass ich nach Hause komme, schließlich habe ich noch eine dreistündige Bahnfahrt vor mir. Ich erwische den Shinkansen um 17.56 Uhr und schlafe praktisch sofort ein, so erschöpft bin ich.

Als ich etwa eine Stunde später aufwache, sitzen neben mir zwei Japanerinnen, und ich sage freundlich guten Abend. Sie fragen mich überrascht, ob ich Japanisch spreche, und als ich bejahe und ihre ersten vorsichtigen Fragen souverän beantworte, fangen sie an, in voller Geschwindigkeit miteinander und mit mir zu plaudern. Ich muss wohl zu gut eröffnet haben, denn sie scheinen zu denken, dass ich alles, was sie sagen, fließend verstehe. Selbst als das nicht der Fall ist, sind sie nicht mehr zu bremsen. Dieses Gespräch ist sicherlich eine gute Übung, aber ich bin irgendwie froh, dass sie nach einer Stunde aussteigen – jetzt schwirrt mir wirklich der Kopf.

Kaum bin ich gegen 21 Uhr zu Hause zur Tür rein, fragt mich Mama, bis wann ich am Mittwoch Unterricht habe. Meine Privatstunde endet um 16.30, wieso? Die Leute, die mit uns in Gamagoori waren, wollen zu Besuch kommen und eine Abschiedsparty mit mir feiern. 17 Uhr ist mir ein bisschen früh, schließlich muss ich noch zum Bahnhof laufen, einen Zug erwischen, nach Hause radeln ... also sagen wir 17.30 Uhr. Na das kann ja heiter werden, 6 Stunden Japanisch-Unterricht und dann noch eine Abschiedsparty auf Japanisch ...

Nachdem das geklärt ist, ziehe ich mich in mein Zimmer zurück, schaue noch kurz fern und falle dann erschöpft in mein Bett. Zwischendurch schaffe ich es gerade noch, die Fotos vom Wochenende auf mein Notebook zu kopieren, aber zum Entwickeln fehlt mir die Energie, geschweige denn zum Tagebuchschreiben. Meine Fans werden warten müssen. (Sind es überhaupt viele? Ich habe in letzter Zeit überhaupt keine Mails mehr bekommen; nicht einmal, als ich jetzt mehrere Tage lang nicht zum Schreiben gekommen bin :-(.)

 

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©2007 by Harald Bögeholz