21.05., Intonation

Heute kann ich dem Unterricht zur Abwechslung mal halbwegs problemlos folgen. Außerdem sind wir nur zu viert: Verena und Edwin haben sich frei genommen, weil sie übers Wochenende verreist sind. Am Nachmittag machen wir üblicherweise immer etwas einfacheres, jedenfalls in der ersten Stunde während des Mittagstiefs. Heute geht es um die Aussprache, und ich sehe dem voller Zuversicht entgegen, weil ich mir einbilde, dass meine Aussprache ganz in Ordnung ist.

Aber weit gefehlt. Na ja, wirklich katastrophal ist sie nicht, aber wir alle müssen heute erfahren, dass wir mit der Satzmelodie, der Intonation mehr oder weniger daneben liegen. Dabei geht es darum, wann sich die Stimme hebt und wann sie sich senkt, wo Betonungen liegen und wo nicht. Und in dieser Hinsicht sind wir alle noch weit davon entfernt, für einen Muttersprachler gehalten zu werden, selbst Ka, die super fließend spricht, muss erfahren, dass sie doch einen starken Akzent hat. Warum erklären sie uns das eigentlich nicht mal irgendwann am Anfang, sondern erst in einer fortgeschrittenen Klasse, die man erst nach monatelangem Studium erreicht?

In der letzten halben Stunde üben wir, wie man eine E-Mail schreibt. Das kann ich am PC viel besser als auf Papier, weil es so unendlich viel leichter ist, die passenden Kanji zu finden. Da ich das Notebook gerade auf dem Tisch stehen habe, kann ich auf die Frage hin, ob ich schon einmal eine E-Mail auf Japanisch geschrieben habe, gleich eine ganze Korrespondenz – na ja, immer nur Einzeiler, halt um uns zu verabreden – vorweisen. Als Hausaufgabe sollen wir der Lehrerin eine E-Mail schreiben.

Das vertage ich aber erst einmal, weil mir spontan nichts einfällt. Stattdessen gehe ich erst einmal mit Joachim, einem vor anderthalb Wochen neu angekommenen Deutschen, Go spielen. Am Freitag hat es ja geheißen, dass wir das japanische Zimmer in der kurashi no gakkou jederzeit benutzen dürfen, also gehen wir rüber, und ich gebe drei Stunden lang Anfängerunterricht. Alles in allem ein recht entspannter Tag. Und Hausaufgaben gibt es auch nicht wirklich viele.

 

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©2007 by Harald Bögeholz