Ich fahre heute mit dem Fahrrad in die Schule, aber als ich dort
ankomme, bin ich doch ziemlich geschafft. Das muss ich mir noch schwer
überlegen, ob ich mir das jeden Tag antue. Der Unterricht beschäftigt
sich heute mit intransitiven Verben, einem Thema, das ich eigentlich
längst beherrsche. In der Theorie. So langweilen mich die
Grammatik-Erklärungen ein wenig, und ich überlege erneut, ob ich in
dieser Klasse richtig aufgehoben bin. Aber wenn es an die praktischen
Dialog-Übungen geht, stelle ich leider wieder fest, dass ich halt
immer noch nicht wie aus der Pistole geschossen das richtige sagen
kann, auch wenn ich es nach einigem Nachdenken durchaus hinkriege. Ob
ich doch richtig bin hier? Einen Vorteil hat es: Es ist nicht so
mörderisch anstrengend wie beim letzten Mal.
Der Nachmittag in der Schule geht komplett für meine
Festplattenprobleme drauf. Ich schaffe es, mit meinem halb kaputten
Notebook eine Linux-CD herunterzuladen und zu brennen und davon zu
booten. Dann ziehe ich mit dd_rescue ein Image auf die USB-Platte, und
nach langem bangen Warten scheint das weitgehend geklappt zu haben,
nur 132 KByte waren unlesbar .
Beim Abendessen bin ich mit Mama allein, Nami-san ist noch bei der
Arbeit. Wir unterhalten uns ein bisschen über meine Familie und
Lebensumstände, und sie beneidet mich darum, dass ich mein Geld ganz
für mich alleine ausgeben kann und vor allem darum, dass ich so viel
Urlaub habe. Sie würde ja sehr gerne mal nach Europa reisen, aber
dafür hat sie weder die Zeit noch das Geld. Ich weiß nicht, wie wir
drauf kamen, aber plötzlich meint sie, ich könnte sie ja mit nach
Hannover nehmen, als Haushälterin. Sie würde kochen, waschen und meine
Gäste in meinem japanischen Zimmer mit Tee bewirten. Irgendwie scheint
sie mich zu mögen ;-).
Die Unterhaltung ist zwar etwas mühsam, weil ich doch recht oft
Vokabeln nachschlagen muss, aber irgendwie muss ichs ja lernen. Sie
erklärt mir wieder geduldig, was ich da alles esse, und ich vergesse
es ebenso geduldig sehr schnell wieder. Auch andere Aspekte
japanischer Kultur versucht sie mir zu erklären, und so lerne ich die
Wörter tenugui – so ein Hand-/Kopf-/Hals-/Universaltuch
&ndash und uchiwa – Fächer. Und damit ich die Lektion
nicht vergesse, bekomme ich zwei solche Tücher und zwei Fächer
geschenkt.
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