24.09., Picknick am Meiji-Schrein

Das Thema Müll ist im Laufe meiner Reisen schon mehrmals in meinen Tagbüchern aufgetaucht, aber in Pamelas Haus erlebe ich wieder eine neue Facette. Mülltrennung ist in Japan ganz wichtig; je nach Wohngegend wird mehr oder weniger fein unterschieden zwischen brennbarem, nicht brennbarem, Plastikmüll, PET-Flaschen, Dosen und wasweißich nicht noch alles. Leere Tetra-Packs, genau. Die spült Pamela säuberlich aus, lässt sie trocknen, schneidet sie mit der Schere in einer ganz bestimmten Weise auf, sodass man sie flach übereinander stapeln kann. Die kommen dann auf den speziellen Tetrapak-Abgabehaufen.

Müllcontainer scheinen in Japan noch nicht erfunden zu sein. Stattdessen wird Müll grundsätzlich an bestimmten Tagen in Tüten an den Straßenrand gestellt und dort abgeholt. Letztes Frühjahr habe ich eine Fotoserie davon gemacht, wie das auf dem Lande in Okazaki abläuft. Hier bei Pamela ist es nun so, dass es im Haus einen Müllraum gibt Foto dazu, an dem genau geschrieben steht, wie der Müll zu trennen Foto dazu und wo welcher Müll hinzustellen ist Foto dazu. Und es gibt einen Hausmeister, der sich darum kümmert, am richtigen Tag die richtigen Tüten an der richtigen Stelle hinzustellen. Also eigentlich ganz komfortabel. Aber man stelle sich vor, wie es in diesem Müllraum riecht Foto dazu ... ist das wirklich eine so gute Idee?

Ich habe Hiko vorhin eine Mail auf sein Handy geschrieben, wo er steckt und ob wir uns treffen wollen. Er treibt sich gerade in Shinjuku rum und schlägt vor, dass wir uns um 2 in Harajuku treffen; er möchte noch einen Spaziergang dorthin machen. Und ich soll Pamela mitbringen, er möchte sie kennenlernen. Pamela ist einverstanden, und wir treffen uns in Harajuku.

Dort ist gerade irgendeine Festivität im Gange, und inmitten einer Menschenmenge wird ein mikoshi getragen Foto dazu. Die etwas ungewöhnlich herausgeputzten Mädels stehen auch nicht immer da, oder Foto dazu Foto dazu? Hiko meint, hier käme er sich vor, als sei er gar nicht in Japan, so multikulti sei es hier. Mir hingegen kommt es sehr japanisch vor, wenn auch in dieser Menschenmenge gerade ein paar fotografierende Ausländer mehr sind, als man sonst sieht.

Wir beschließen, am Kombini ein bisschen was zu essen und trinken zu kaufen und ein Picknick im Yoyogi-Park zu machen. Zielsicher führt uns Hiko auf eine der Wiesen, die von einem Zaun mit Verbotsschildern umgeben sind, wo wir ganz alleine sitzen – alle anderen benutzen die erlaubte Wiese im Hintergrund Foto dazu. Im Yoyogi-Park sieht man zwar nicht so viele Verbotsschilder, aber zu meinem Entsetzen stehen dort Lautsprecher, über die man gelegentlich ermahnt wird, im Park nicht Golf zu spielen und wasweiß ich nicht alles; leider verstehe ich wie immer nur die Hälfte. Ich weiß nicht, was ich nerviger finde, die optische oder die akustische Umweltverschmutzung. Ach ja, und hier zur Abwechslung mal ein Foto von mir, das Hiko gemacht hat Foto dazu.

Nachdem sich Pamela verabschiedet hat, weil sie noch einiges in ihrer Wohnung zu tun hat, will mir Hiko nun doch seine Wohnung zeigen. Beziehungsweise fahren wir hin, weil er dort Gutscheine liegen hat, die er heute Abend für ein gemeinsames Abendessen einlösen will. Eigentlich hat er immer gesagt, dass es ihm nicht recht ist, einen auffälligen Ausländer mit dorthin zu nehmen, aber nun macht er doch eine Ausnahme.

Die Ecke, in der er wohnt, liegt westlich von Shinjuku und ist ein sehr belebtes Wohngebiet Foto dazu. Das Haus ist so ein typisches Tokyoter Wohnsilo mit für deutsche Verhältnisse winzigen Einzimmerwohnungen. Aber was braucht man mehr: Ein Zimmer mit Kochgelegenheit, Waschmaschine, Toilette und Badezimmerchen, und sogar einem kleinen Balkon Foto dazu Foto dazu Foto dazu.

Von oben kann man schön sehen, wie die Bahnlinie mitten durchs Wohngebiet läuft. Alles ist unmittelbar bis an die Bahn rangebaut Foto dazu, und es gibt alle Naselang beschrankte Bahnübergänge. Und dort ist viel los: An denen, die ich sehen kann, gibt es einen stetigen Menschenstrom Foto dazu. Alle zwei, drei Minuten kommt ein Zug, und die Menschen haben anscheinend wenig Respekt davor, sie verlassen die Gleise erst auf den allerletzten Drücker, während sich die Schranken schließen. Eigentlich kein Wunder, man gewöhnt sich wohl daran, aber in dem so auf Sicherheit bedachten Japan, wo manchmal noch Aufpasser an der Kreuzung stehen, damit niemand versehentlich über eine rote Ampel geht, wirkt es irgendwie widersprüchlich, all diese viel befahrenen Bahnübergänge mitten in den Wohngebieten zu haben. In Pamelas Gegend ist das auch so.

 

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©2006 by Harald Bögeholz