04.10., Hikos Schul- und Uni-Stadt

Für heute sind wir um 15 Uhr in Kichijouji verabredet, wo Hiko praktisch aufgewachsen ist: Hier hat er 12 Jahre seines Lebens verbracht in der Highschool und an der Uni. Wir sind erst um 15 Uhr verabredet; ich brauche nicht ganz so viel Schlaf und kann in der Zwischenzeit ein bisschen Tagebuch nachschreiben.

Das ist also ein Studentenviertel. Hmm, also in der Nähe des Bahnhofs sieht es erst einmal aus wie jedes andere kleinere Wohngebiet in Tokyo Foto dazu. Aber im Laufe der Zeit fällt mir schon auf, dass die Dichte an jungen Leuten irgendwie höher ist als bisher. Leider ist es sehr bewölkt und nieselt immer mal wieder; weder zum Spazierengehen noch zum Fotografieren ein wirklich gutes Wetter.

Das Schulgelände ist ein riesiger Komplex, denn hier ist von der Grundschule bis zur Hochschule alles auf einem Campus. Eine für meine Verhältnisse eine ungewöhnliche Atmosphäre: Hier die ABC-Schützen Foto dazu (äh, nein, ABC kommt ja erst später, vielleicht Hiragana-Männchen, oder wie heißen die wohl da?) und 20 Meter weiter links der Hof der um die 20-Jährigen Foto dazu.

Als wir alles angeschaut haben, dämmert es bereits und der fiese Nieselregen hat wieder eingesetzt. Karaoke jetzt? Na klar, gerne! Das hat mir echt Spaß gemacht, was sicherlich zu einem beträchtlichen Teil an Hiko liegt, der wirklich schön singen kann. Da halten wir die Minuten zwischendurch, wenn ich dran bin, auch irgendwie aus. Heute aber nur eine Stunde, wir wollen nicht übertreiben.

Hiko möchte mir heute eine Studentenkneipe zeigen, obwohl Kneipe wirklich das falsche Wort dafür ist. Izakaya heißt das in Japan, das bedeutet irgendwie ein Restaurant, wo man essen und auch trinken kann, ich muss das gelegentlich nochmal mit Kanji nachschlagen. Die Leute stehen oder besser gesagt sitzen auf der Treppe Schlange, um da reinzukommen, ein wirklich beliebter Laden. Hiko lässt uns vormerken – in anderhthalb Stunden bekommen wir einen Termin, um 19:40 Uhr. Das passt mir prima, so großen Hunger habe ich noch nicht. Was würde ich nur ohne meinen einheimischen Reiseführer machen? In so einen Laden hätte ich mich nie reingetraut beziehungsweise hätte bestimmt das mit der Reservierung nicht kapiert. Aber dank Hiko klappt alles; nachdem wir ein bisschen durch die Kaufhäuser gebummelt sind, um dem Regen zu entgehen, bekommen wir pünktlich unseren Platz am Tresen.

Dass dies eine Studentengegend ist, merkt man nicht nur am Publikum, sondern auch an den Preisen. Zurzeit sind sie besonders niedrig, weil der Laden ein Jubiläum feiert, aber Hiko erzählt mir, dass sie sich hier immer irgendwelche Rabatte einfallen lassen für die Studenten. Das Bier (die Gläser haben keinen Eichstrich, aber mein Augenmaß sagt 0,4 l) kostet heute 80 Yen, das sind 60 Cent! Kein Wunder ist hier die Hölle los; mit der Kamera kann ich das gar nicht recht einfangen, aber ich habe mit dem Handy ein Video aufgezeichnet. Sobald ich rausgefunden habe, wie man das in den PC kriegt und in etwas konvertiert, das man mit normalen Mitteln anschauen kann ...

Wir sitzen am Tresen Foto dazu, aber als hinter uns eine große Gruppe von 20 Leuten geht, schaffe ich es doch mal, ein Foto zu schießen Foto dazu: Große Teile des Ladens sind japanisch eingerichtet, man zieht also seine Schuhe aus und kniet auf Kissen an niedrigen Tischen. Das ist der Anfang einer verrückten Nacht, in der wir noch nach Shinjuku fahren Foto dazu und die damit endet, dass ich um 5:30 in Hatagaya an einem Kombini noch eine Dose Bier kaufe und darauf warte, dass mein Hotel mich reinlässt – von 2 bis 6 haben die zu –, während Hiko weiter zu Fuß nach Hause läuft und versuchen will, ins Bett zu gehen, bevor seine Eltern aufstehen (klappt natürlich nicht). Wenn man so überlegt, bin ich schon fast wieder in der deutschen Zeitzone zurück. Dem Portier sage ich um kurz vor 6, dass ich heute lange schlafen möchte und das Zimmer daher nicht saubergemacht werden muss, und er winkt verständnisvoll ab, bevor ich den Satz zuende gebracht habe ... gute Nacht!

 

(Gästebuch außer Betrieb)     Inhaltsverzeichnis     weiter >


©2005 by Harald Bögeholz