08.06., Schlapper Sonntag

Gegen 13 Uhr sitze ich in einem Cafe in Shinjuku beim Frühstück, als ich draußen Blaulicht blitzen sehe. Eine kleine Tibet-Demonstraton mit Polizeiauto und Polizisten vornedran und hinterher, na ja, immerhin mehr als doppelt so viele Demonstranten wie Polizisten Foto dazu. Die Hauptstraße östlich des Bahnhofs von Shinjuku ist mal wieder Fußgängerzone – anscheinend machen sie das jeden Sonntag so Foto dazu. Müde von der quasi durchgemachten Nacht in Tokyo schleppe ich mich zum Bahnhof, fahre nach Hause, mache ein Mittagsschläfchen und kümmere mich dann erst einmal um Fotos und Tagebuch.

Zum Abendessen will ich aber nochmal rausgehen und frage Chandra nach einem Restaurant. Ja, es gibt ein kleines Family-Restaurant ein paar Schritte weiter, er war da aber noch nie. Also probiere ich das mal aus. Fotos davon gibts nur drüben im Live-Fotolog, ich war zu faul, die Kamera mitzunehmen. Ist aber auch nix Spektakuläres.

Das einzig Bemerkenswerte an diesem Restaurant: Als ich ein Bier bestelle, fragt mich der Kellner, ob ich mit dem Auto da sei? Nein, ich gehe zu Fuß. Ob er mir wohl ein Bier serviert hätte, wenn ich mit dem Auto dagewesen wäre? Mir war beim Studium der Speisekarte schon so ein Hinweis aufgefallen, den ich aber nur diagonal gelesen hatte und der etwas mit Alkohol zu tun hat. Unter Aufbietung all meiner Kanji-Kenntnisse (ich bin mit leichtem Gepäck, also auch ohne Wörterbuch unterwegs) kann ich entziffern, dass sie sich vorbehalten, zu unser aller Sicherheit Gäste, die Alkohol bestellen, zu fragen, ob sie mit dem Auto da sind. Eigentlich eine gute Idee.

Hiko hat vorhin per Handy-Mail gefragt, ob wir morgen zusammen mittagessen wollen. Ich habe erst gezögert, weil die Fahrzeit (anderthalb Stunden pro Richtung) in Relation zur Nutzzeit (maximal eine Stunde) doch recht ungünstig ist. Aber was solls, ich komme rüber nach Seijou. Es gehen übrigens im Laufe dieser Verabredung etliche Mails über den Äther, und alle auf Japanisch. Es ist jetzt zwar nichts Kompliziertes, aber ein kleines Bisschen stolz bin ich schon auf mich, dass ich jetzt mit dem Handy Japanisch schreiben und lesen kann. Hiko schlägt erst vor, dass ich was zu essen mitbringe und wir ein Picknick am Fluss machen. Ach, wollen wir nicht ins Restaurant? Nein, lieber an den Fluss. Aber wenn es regnet? Na wenn es regnet, können wir auch in ein Restaurant. Ok, dann Picknick am Fluss. Treffpunkt an derselben Kreuzung wie beim letzten Mal. Solche Sachen halt, nichts Großes, aber trotzdem ein kleines Erfolgserlebnis in meinem Bestreben, Japanisch zu lernen.

 

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©2008 by Harald Bögeholz