Das Niveau des Unterrichts ist heute unverändert hoch. Das Thema
des Tages sind kokusaikekkon – Ehen zwischen Partnern aus
unterschiedlichen Ländern. Das bedeutet eine Menge anspruchsvolles
Vokabular, das man nicht unbedingt alle Tage benutzt, und als wir uns
zum Aufwärmen etwas darüber unterhalten sollen, finde ich das schon
inhaltlich schwierig; da gibt es Aspekte, die ich auch auf Deutsch
nicht einfach finde.
Zwischendruch gibts die Ergebnisse der letzten beiden
allmorgendlichen Wiederholungstests zurück – puh, doch kein
völliger Aussetzer mehr dabei, wenn auch der einstige Musterschüler
jetzt ganz schön kämpfen muss und nicht mehr auf alles eine Antwort
weiß .
Der Schock kommt in Form eines DIN-A3-Blattes voller Text, das wir
jetzt lesen sollen . Lesen fällt mir immer
noch sehr schwer. Selbst wenn ich alle Vokabeln kenne, kann bei mir
eher von entziffern also von lesen die Rede sein, und laut vor der
Klasse vorzulesen, das Gestotter ist mir ziemlich peinlich. Die Panik
legt sich aber, als ich bemerke, dass erstens nicht alle anderen
schneller sind als ich (man sieht ja, wann jemand auf die nächste
Seite wechselt) und man uns zweitens ausreichend Zeit lässt. So sitzt
die Klasse dann fast eine halbe Stunde lang schweigend da und macht
sich mit den Texten vertraut, und anschließend gelingt es doch
halbwegs problemlos, sich darüber zu unterhalten.
Am Nachmittag steht chanbara auf dem Programm. Als das vor
ein paar Tagen angekündigt wurde, habe ich nicht so wirklich genau
kapiert, was das sein soll, mich aber mal angemeldet. Was immer es an
Erkenntnissen über die japanische Kultur bringt, will ich gerne
mitnehmen, und Einzelunterricht habe ich heute auch keinen.
Zuerst schauen wir ein Video , indem es irgendwie um
Sitten und Gebräuche im Mai geht (kodomo no hi, den Tag der
Kinder, Karpfenwimpel, das Ausstellen eines Samurai-Helmes und
dergleichen), von dem ich aber nur einen Bruchteile kapiere und dessen
Zusammenhang mit dem, was nun kommt, sich mir nicht so recht
erschließen will.
Jedenfalls pilgern alle in den großen Aufenthaltsraum hinunter, in
dem die Tische beiseite geräumt sind, sodass in der Mitte Platz für
die Kampfhandlungen ist. Jeder bekommt einen papierenen
Luftballon , den er aufpustet und sich
auf die Schulter pappt, und mit
Schwertern aus zusammengerolltem Zeitungspapier treten wir
paarweise gegeneinander an und versuchen, den Ballon des anderen
kaputtzuhauen. Zwei der Lehrerinnen demonstrieren das Ganze , und anschließend lassen
sie jeweils ungefähr gleich große Gegner gegeneinander antreten im
K.o.-System.
Nach einem wirklich zähen Kampf überstehe ich die erste Runde, um
dann in der zweiten Runde besiegt zu werden. Was mir das nun über die
japanische Kultur beigebracht hat, sei dahingestellt, ganz schön
schweißtreibend war es allemal. Und eine nette Abwechslung bei all dem
Lernstress.
| |
|