Sei es der Alkohol, die allgemeine Erschöpfung oder beides, ich
schlafe jedenfalls bis fast 14 Uhr. Die Familie ist ausgeflogen, und
ich beschließe über einer Schüssel Instant-Nudelsuppe, nach Nagoya zu
fahren. Ich will die Utensilien fürs Kalligraphieren kaufen (Pinsel,
Tinte, Tintenstein, Papier ...), außerdem Japanisch-Lehrbücher, von
denen ich mir nicht so sicher bin, ob man sie in Deutschland
kriegt.
Es dauert mit dem Bummelzug 42 Minuten bis nach Nagoya, sodass ich
erst um kurz vor 4 dort ankomme. Nach einem kurzen Ausflug in die
Umgebung fahre ich dann mit einigen Navigationsproblemen in einem der
Türme im Bahnhofsgebäude in den 51. Stock in der Hoffnung, dort die
Aussicht genießen zu können. Könnte man auch, aber nur beim Friseur
oder im Cafe du Ciel, vor dem leider bereits etliche Leute Schlange
sitzen .
Die unteren zwölf Stockwerke des Turms sind ein Kaufhaus namens
Takeshimaya, und ehe ich michs versehe, habe ich den ganzen
Nachmittag , also die restlichen zwei Stunden, dort verbummelt.
Immerhin habe ich mein Schreibzeug gefunden , die Bücher die ich
gesucht habe, waren aber in der Buchabteilung nicht aufzutreiben. Da
muss ich mich nochmal erkundigen, es soll in Nagoya eine größere
Buchhandlung geben.
Weiter als bis zum Bahnhof habe ich es heute also nicht geschafft,
aber egal. Ich laufe noch kurz ein Viertelstündchen draußen rum, dann
gehts wieder in Richtung Bahnhof. Eigentlich wollte ich um 19 Uhr zu
Hause sein, weil es da normalerweise Abendessen gibt. Aber das ist so
gut wie nicht mehr zu schaffen. Oder doch? Spontan beschließe ich, den
Shinkansen zu nehmen. Ist zwar ein teurer Luxus (1300 Yen statt normal
460), aber man gönnt sich ja sonst nichts. Und wozu wohne ich
schließlich direkt neben einem Shinkansen-Bahnhof? Mit dem Shinkansen
bin ich in 10 Minuten zu Hause, also viermal so schnell für weniger
als den dreifachen Preis :-).
Die Eile hat sich allerdings insofern nicht gelohnt, als wir nicht
gemeinsam essen. Mama bereitet mir zwar ein Abendessen zu, aber ich
esse alleine. Wie ich später merke, isst die Familie zwei Stunden
später. Mama hatte vorhin etwas gesagt, das ich so verstanden hatte
als hätten sie erst spät zu Mittag gegessen und würden erst später
abendessen wollen. Seufz. Jetzt muss ich nur noch lernen, meinem
Japanisch zu vertrauen und in solch einem Fall zu sagen, dass ich
gerne auf die restliche Familie warte.
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