03.10., Am Kaiserpalast

Gegen Mittag kommt die Sonne raus, und ich beschließe, den Nachmittag im östlichen Garten des Kaiserpalasts zu verbringen. Bis ich dort ankomme, hat es sich leider schon wieder zugezogen, aber immerhin regnet es nicht, von ein paar wenigen Tropfen Nieselregens zwischendurch mal abgesehen. Hinter den dicken Mauern Foto dazu und Toren Foto dazu verbirgt sich eine Oase der Ruhe – so weit das mitten in einer lärmenden Stadt wie Tokyo möglich ist. Ich setze mich mal auf diese, mal auf jene Bank und lese ein Buch, bis plötzlich eine Lautsprecherdurchsage ertönt, erst auf Japanisch, dann auf Englisch: Der Park schließt jetzt bald, bitte gehen Sie zum Ausgang. Und das schon um 16.10 Uhr, obwohl der Park offiziell bis 16.30 geöffnet hat.

Die Japaner verlassen den Garten jedenfalls sichtlich eilger als die Ausländer, und die Frage, die ich mir vorhin gestellt habe, wird auch beantwortet: Sind diese riesigen Tore tatsächlich noch benutzbar? Ja, und sie werden kurz nach 16.30 feierlich geschlossen Foto dazu.

Ich eiere ziellos durch die Gegend, lande irgendwie beim Bahnhof Tokyo, vor dem gerade irgendwas gebaut wird Foto dazu, und beschließe, mal wieder nach Akihabara zu fahren. Das ist die Elektronik-Ecke von Tokyo, wo man alles kaufen kann, was elektrisch ist. Vor dem Bahnhof von Akihabara steht ein Lautsprecherwagen, und ein älterer Japaner hält mit großer Lautstärke eine flammende Rede Foto dazu – von der ich wieder einmal nichts verstehe. Den Kanji nach, die mir bekannt vorkommen, könnte es was Religiöses sein, laut und aufsehenerregend ist es allemal.

In den Computerläden entdecke ich ein paar wenige Dinge, die ich so in Deutschland noch nicht wahrgenommen habe. Zum Beispiel einen Wohnzimmer-PC, der in einen LCD-Fernseher integriert ist Foto dazu, und ein super winziges Windows-Rechnerchen von Sony Foto dazu Foto dazu. Bei dem muss ich schwer an mich halten, das hat irgendwie was, das Schnuckelchen. Aber ich habe in diesem Urlaub nun wirklich schon genug Geld ausgegeben. Fürs Tagebuchschreiben unterwegs wohl besser geeignet wäre so ein eher konventionelles Subnotebook von Panasonic Foto dazu, nur 1 kg schwer. Aber "dummerweise" habe ich ja schon ein Notebook. Ach ja, und die Blu-ray Disc ist da Foto dazu :-).

Ich treibe mich eine Weile in den Spielhallen herum und schaue der Jugend zu, wie sie sich amüsiert. Videospiele der Genres Egoshooter, Autorennen und Kampfkunst sind ja nichts Besonderes. Aber überraschender Beliebtheit erfreuen sich anscheinend auch die Angel-Dir-Deinen-Gewinn-Automaten (kureen geemu; crane game). Für 200 Yen darf man den Kran in Position bringen, der dann auf Knopfdruck einmal zugreift und was immer er zu fassen kriegt in den Ausgabeschacht wirft. Ich beobachte verstohlen einen Japaner, der immer wieder versucht, eines kleinen MP3-Players habhaft zu werden Foto dazu. Er versucht es immer mal für 1000 Yen, geht dann wieder weg, kommt aber nach einer Weile wieder und versucht es weiter ... scheint irgendwie süchtig zu machen. Ich weiß nicht wie viel Geld er in diesem Automaten lässt, ohne an seinen MP3-Player zu kommen, bestimmt mindestens 3000 Yen (20 Euro). Aus wissenschaftlichen Gründen investiere ich auch 500 Yen für drei Versuche, kriege den doofen MP3-Player aber natürlich auch nicht zu fassen.

Das Trommelspiel ist recht begehrt: Hier muss man möglichst genau die vorgegebenen Trommelschläge ausführen Foto dazu Foto dazu. Die gleiche Grundidee liegt auch dem Hüpfmattenspiel Dance-Dance-Revolution zugrunde, und auch der Gitarrensimulator folgt dem gleichen Spielprinzip Foto dazu. Und dann gibts da noch Kartenspiel-Automaten, bei denen man (RFID-)Spielkarten zu irgendeinem Zweck auf einem Spielfeld arrangieren muss, zum Beispiel, um die Aufstellung einer Fußballmanschaft festzulegen Foto dazu.

Eigentlich treibe ich mich deshalb so lange "in der Stadt" rum, weil ich die Hoffnung habe, mich doch noch mit Hiko zu treffen. Aber nachdem ich ihn nun stundenlang vergeblich auf seinem Handy zu erreichen versucht habe, gebe ich auf, fahre nach Nagahara und kehre im erstbesten Restaurant ein, aus dem es lecker duftet Foto dazu. Heute gibt es Yakitori. Statt mich lange mit der Speisekarte abzumühen, die natürlich nur auf Japanisch ist Foto dazu, bitte ich den Kellner einfach, mir irgendetwas zu empfehlen, vier Spieße bitte. Als er sie bringt, lasse ich mir von jedem einzelnen erklären, was auf der Karte das nun war Foto dazu. Irgendwann muss ich ja mal lernen, in Japan ohne Hiko mein Essen zu bestellen ...

 

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©2006 by Harald Bögeholz