Heute erfährt die Glückssträhne, die ich bisher mit dem Wetter gehabt habe, eine Unterbrechung: Es regnet. Da mag man so gar nicht gerne aus dem Haus gehen, und um irgendetwas zu besichtigen, ist es erst recht nicht das richtige Wetter. Irgendwann raffe ich mich aber doch auf, das Haus zu verlassen, und gehe auf Einkaufstour. Zuerst stehen Bücher auf dem Programm. Ich habe bei Pamela zwei Bücher über japanische Grammatik gesehen, die mir recht gut scheinen und die bei amazon.de zu astronomischen Preisen gebraucht gehandelt werden. Pamela hat mir eine große Buchhandlung in Shinjuku empfohlen, und dort fahre ich erst einmal hin. Das Gesuchte ist schnell gefunden, außerdem nehme ich noch die Audio-CDs zu Minna no Nihongo II mit (das Japanisch-Lehrbuch, nach dem ich bei Yamasa gelernt habe), die wollte ich auch schon immer mal haben. Nachdem ich noch ein wenig durch die riesige (8 Stockwerke) Buchhandlung geschlendert bin, fahre ich nach Ishigaya zum Nihon-kiin. Das ist das japanische Go-Institut, und die verkaufen auch Spielmaterial. Ich träume ja schon lange von einem richtigen Go-Tisch, und irgendwo muss man die Suche ja einmal beginnen. Fotos vom Nihon-kiin gibts dieses Jahr keine, schließlich war ich schon vorletztes Jahr dort. Im zweiten Stock ist der öffentliche Spielbereich, wo auch das Spielmaterial verkauft wird, und ich erkundige mich auf Japanisch nach Go-Tischen. Nein nein, keine einfachen Bretter, ich meine schon richtige Tische mit Füßen. Der freundliche Herr hinter dem Tresen verschwindet hinter den Kulissen und kommt mit einem Go-Tisch aus Katsura wieder, außerdem zeigt er mir einen Katalog. Ich frage, ob sie nicht auch Tische aus Kaya da haben, das ist die Holzart, die man eigentlich haben will. kaya? nai. Wie, Kaya gibts nicht? Nur jetzt nicht oder wie? Aber im Katalog stehen sie doch ... Jetzt holt er auf einmal eine Englisch sprechende Kollegin zu Hilfe, anscheinend ist er sich nicht sicher, ob wir uns richtig verstehen. Sie sagt mir, dass man hier nur bar zahlen kann, keine Kreditkarte. Hmm, das wird dann allerdings schwierig. Der Tisch, den man mir gerade gezeigt hat, sollte umgerechnet so um die 2000 Euro kosten, und ich habe gerade nach den noch teureren gefragt. Schon verständlich, dass er da mal nachfragt. Ich möchte aber wirklich einmal einen Tisch aus Kaya sehen, und wie wir das mit der Bezahlung machen, das werden wir dann schon sehen. Er telefoniert mit seinem Chef und verschwindet dann hinter den Kulissen. Die Englisch sprechende Kollegin macht einstweilen ein wenig Smalltalk und fragt mich, woher ich denn vom Nihon-kiin weiß. Natürlich kenne ich das, das ist doch berühmt! Sie spielt nicht einmal Go, ach so, das kennt man? Ihr Kollege kommt wieder mit einem Go-Tisch im Arm und scheucht sie erst einmal eine Unterlage holen, damit der teure Tisch nicht auf der Glastheke stehen muss. Da ist er also nun, der einzige Kaya-Tisch, den sie im Moment da haben. 3,7 sun dick, 2800 Euro. Aber schon ganz schön schön, es ist fast Liebe auf den ersten Blick. Ich bemerke aber, dass er an der Seite eine kleine Macke hat. Ja, deswegen ist er ja auch so billig. Ach so. Nachdem Yoshida san mit seinem Boss telefoniert hat, wäre auch eine Kreditkartenzahlung kein Problem mehr. Aber ich hatte mir irgendwie mehr Auswahl vorgestellt. Wir verbleiben so, dass ich am kommenden Montag um 14 Uhr noch einmal wiederkomme. Dann hätte er noch ein paar mehr Tische da, die er mir zeigen kann. Ich lasse mir noch ein paar Dosen und verschiedene Qualitäten von Steinen zeigen, dann tauschen wir Visitenkarten aus und vertagen uns auf nächsten Montag. Nachdem ich noch ein Viertelstündchen lang in der Spielhalle ein paar Partien zugeschaut habe, mache ich mich auf den Heimweg. Zum Spielen habe ich heute nicht die Ruhe; ich muss rechtzeitig zu Hause sein. Der Regen ist noch stärker geworden, und hinzu kommt ein fieser Wind. Auf dem 10-minütigen Fußweg vom Bahnhof Nagahara nach Hause werde ich trotz Schirm ziemlich nass, jedenfalls Schuhe und Beine. Und ich habe leichtes Halsweh und außerdem aufkommende Kopfschmerzen, ich werde doch nicht ausgerechnet heute krank werden? Das kann nicht sein! Zu Hause angekommen, ziehe ich trockene Sachen an, nehme eine eigens für diesen Zweck aus Deutschland mitgebrachte Aspirin ein und packe meinen Rucksack fürs "Wochenende". Es bleibt gerade noch Zeit, eine Tagebuchseite zu schreiben und online zu stellen, da muss ich auch schon wieder los. Auf dem Weg zum Bahnhof Hatanodai ist auch meine frisch angezogene Hose gut durchnässt und die Schuhe vollends. Ich treffe Hiko wie vereinbart am Bahnhof Youga, und wir machen uns auf den Weg. Diesmal fahren wir kousokudouro, Autobahn, und sind nach anderthalb Stunden da. Was für ein Unterschied zu der Landstraßen-Kriecherei letztes Jahr! Und die Mautgebühr betrug nur 1250 Yen. Im Ferienhäuschen ist es saukalt (na ja, 13 Grad), und als Heizung steht nur ein Heizstrahler zur Verfügung, der natürlich keine Chance hat, das recht große Haus in endlicher Zeit warm zu kriegen. Mein Zustand verschlechtert sich zusehends, Mist, ich habe anscheinend eine fette Erkältung. Bibbernd sitze ich noch ein Weilchen mit Hiko vor der Heizung, aber aus dem Plan, zur Feier des Tages noch eine Flasche Shochu zu köpfen, wird nichts; wir gehen schlafen. |
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