[Der Abschied von Yamasa ist wie im letzten Jahr ein solcher Wirbel,
dass an Tagebuchschreiben nicht mehr zu denken ist. Ich schreibe diese
Zeilen erst am 3.7., daher sind die Erinnerungen schon deutlich
verblasst.]
Als erstes bekommen heute diejenigen ihre Prüfungsergebnisse,
die Yamasa verlassen. Dieses Mal gibt es tatsächlich ein
Transkript der mündlichen Prüfung; letztes Jahr war uns das
zwar versprochen worden, aber es ist nie bei mir angekommen. 14 von 20
Punkten habe ich für mein Gestotter bekommen, na ja . Das waren schonmal keine
80 Prozent. Immerhin hatte meine Lehrerin noch einen freundlichen
Kommentar für mich übrig. Da unten steht: "Haralds Japanisch
ist sehr höflich und schön. Obwohl Du langsam sprichst,
kannst Du schon sehr viel sagen. Mache bitte auch in Deutschland mit
dem Lernen weiter."
Das Ergebnis der schriftlichen Prüfung darf ich mir in der
Mittagspause abholen . 80,2 Prozent, au Backe,
damit hätte ich es also gerade so geschafft, nicht sitzen zu
bleiben – um hier in die nächsthöhere Klasse gehen zu
dürfen, waren mindestens 80 Prozent erforderlich. Ich empfinde
eine merkwürdige Mischung aus Genugtuung und Enttäuschung:
Einerseits habe ich es geschafft, andererseits war ich glaube ich noch
nie irgendwo so nahe am Sitzenbleiben. Na ja, jetzt gehts erst einmal
wieder nach Hause; weiteren Unterricht in diesem Tempo hätte ich
sowieso nicht durchgehalten. Dietrich, der andere Deutsche in meiner
Klasse, muntert mich auf: Ich habe doch immerhin beim ersten Versuch
bestanden, was ich denn will? Er hat die Klasse schon zum zweiten Mal
besucht und auch nicht wesentlich mehr Punkte als ich, irgendwas in
den niedrigen Achtzigern.
Die Abschiedszeremonie am Nachmittag kenne ich auch schon vom
letzten Jahr und bin daher weniger nervös. Ich bekomme eine
Urkunde überreicht sowie die übliche
Abschiedskarte meiner Japanischlehrer . Anschließend muss
jeder eine kleine Rede auf Japanisch halten , das obligatorische
Klassenfoto wird geschossen , und schon ist der Kurs
für dieses Jahr vorbei.
Der Rest des Nachmittags vergeht wie im Fluge damit, mit allen
Leuten zu quatschen und sich zu verabschieden. Ich habe mir heute
Abend von der Familie freigenommen, um in der Bar noch schön
Abschied zu feiern. Und ich muss natürlich nochmal alle
Go-Anfänger vermöbeln :-). Jerome und Grant schaff ich
simultan im Aufenthaltsraum , und später in der
Bar noch, hmm, Mist, den Namen hab ich doch jetzt glatt schon wieder
vergessen :-( .
Hauptattraktion (aus meiner Sicht) in der Bar ist heute Abend
natürlich Alexander, der als waschechter Schotte diesmal im
Schottenrock kommt und natürlich die
üblichen Spekulationen über sich ergehen lassen muss, was
die Schotten wohl drunter tragen. Gucken darf aber keiner :-). Es wird
wieder ein lustiger Abend . Ich hatte meiner Familie
zwar gesagt, dass ich feiern gehe, habe aber dann doch ein schlechtes
Gewissen, dass es gar so spät wird – erst nach 1 komme ich
nach Hause, und alle sind schon im Bett. Jetzt noch meine Sachen
packen und den Wecker auf 6 Uhr stellen; keine Ahnung, wie ich morgen
genau zum Flughafen komme, aber ich schötze einfach mal, dass es
reichen müsste, gegen 7 aufzubrechen; der Flieger geht um 11.
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