4.5., Ein Feiertag in Japan

Ich schlafe ungefähr bis 10:30 – natürlich nicht, ohne um 7 kurz von meinem Handy geweckt zu werden. Mein Frühstück steht auf dem Tisch wie üblich, wenn ich länger schlafe. Inzwischen beherrsche ich auch die Bedienung von Mikrowelle und Grill. Katsuaki san scheint auch noch nicht allzu lange wach zu sein; er sitzt in der Küche auf dem Boden und liest Zeitung. Apropos Boden: Da die Küche gleichzeitig als Wohnzimmer dient, ist sie extra dafür eingerichtet, auf dem Fußboden zu sitzen. Die Hälfte ist mit Tatami und einer weichen Decke ausgelegt; vielleicht sollte ich eines Tages mal ein Foto davon machen. Ich lese zu Hause meine Zeitung auch auf dem Fußboden; anscheinend bringe ich schon gute Voraussetzungen für einen Japaner mit.

Katsuaki san erklärt mir, dass er sehr viel Stress im Job hatte, als ich ankam, und dass er sehr müde war. Jetzt sei die anstrengende Arbeit aber erledigt und es gehe ihm besser. Und außerdem ist Feiertag, er macht in der Tat einen sehr entspannten Eindruck. Nach einer kurzen Unterhaltung nach dem Frühstück wendet er sich wieder seiner Zeitung zu, und ich ziehe mich in mein Zimmer zurück und lerne anderthalb Stunden lang Vokabeln. Nach einem Kaffeepäuschen in der Küche übe ich ein Stündchen Kanji, dazu bin ich noch überhaupt nicht gekommen, seit ich hier bin.

Jetzt zieht es mich aber doch raus an die frische Luft; man kann bei dem wunderschönen Frühlingswetter nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen und lernen. Vielleicht kann ich ja mal andere Teile von Okazaki ergründen und noch ein paar schöne Fotos machen. Kurz an der Schule vorbeifahren und in die E-Mail schauen will ich natürlich auch.

Als ich aufbrechen will, ist Keiko san gerade beim Töpfern und mit ihrer Erlaubnis fotografiere ich sie dabei ausgiebig Foto dazu Foto dazu Foto dazu. Sie scheint einige Übung darin zu haben, jedenfalls sieht es sehr geschickt aus und das Ergebnis ist auch recht überzeugend. Wenn ich das so mit meinem Dilettantismus vom letzten Jahr vergleiche ...

Ich radle mit schussbereiter Kamera ganz langsam meinen üblichen Schulweg entlang und halte Ausschau nach Motiven, die ich noch nicht fotografiert habe. Erst mal ein paar korrekt belichtete Aufnahmen von den frisch bestellten Reisfeldern Foto dazu Foto dazu. In etlichen Gärten wehen, tja, wie nennt man die Dinger, Fahnen ist irgendwie das falsche Wort Foto dazu. Wenn ich mich recht erinnere beziehungsweise wenn ich sie recht verstanden habe, hat mir Keiko san vor einigen Tagen erzählt, das hänge mit dem Kindertag zusammen (5. Mai, also morgen). Der Kindertag war ursprünglich mal ein Jungen-Tag, und Familien, die kürzlich einen Jungen geboren haben, hängen diese Dinger (Drachen?) raus. Es mag aber auch sein, dass ich sie da missverstanden habe; manchmal will die Kommunikation weder auf Japanisch noch auf Englisch richtig klappen.

Die Leute sind fleißig dabei, ihre Reisfelder zu bestellen; die Landwirtschaft kennt eben keine Feiertage Foto dazu Foto dazu. Viele sind auch in ihren Gärten zugange Foto dazu, überhaupt blüht alles recht schön Foto dazu Foto dazu.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mal ein neues Stück Okazaki zu erkunden oder wenigstens nochmal in das Einkaufszentrum in der Nähe der Schule zu gehen, aber irgendwie verdaddle ich die Zeit bis Sonnenuntergang in der Schule am Internet. Am Wochenende und an Feiertagen wird der Basketballkorb vor der Schule anscheinend gerne von den Einheimischen genutzt Foto dazu; an Schultagen habe ich die hier noch nie gesehen. Sind wahrscheinlich zu schüchtern, wenn all die Ausländer da sind.

Mal schauen, ob sich das Licht der untergehenden Sonne auf dem Heimweg noch für das ein oder andere Foto nutzen lässt. furawaa suteeshon, wieder mal liefert das Entziffern der Katakana keine wirklich neue Information, der Blumenladen heißt Flower Station Foto dazu. Endlich ist das Licht mal genau richtig für ein Foto von einem der konvexen Spiegel, die man hier wirklich an jeder Straßenecke sieht Foto dazu.

An den Reisfeldern kurz vor meinem Zuhause angekommen Foto dazu Foto dazu Foto dazu, ist es nun endlich an der Zeit, das Projekt Frosch anzugehen. Seit die Reisfelder bewässert sind, erfüllt ab der Abenddämmerung ein fast ohrenbetäubendes Quaken jede Nacht. Schon seit Tagen halte ich nach Fröschen Ausschau; dem Lärm nach müssen es unzählige sein. Heute will ich mal ernsthaft danach suchen; wär doch gelacht, wenn ich keinen Frosch finden und fotografieren könnte. Ich laufe bestimmt 20 Minuten lang die Felder ab und versuche verzweifelt, das Quaken genauer zu orten, bis es mir endlich gelingt. Das Fröschlein ist nur etwa zwei Zentimeter groß, halb im Sumpf und im Dämmerlicht dementsprechend schwer zu sehen, aber ich hab ja mein Teleobjektiv mit Foto dazu Foto dazu. Mücken sind mir übrigens trotz all des Wassers bisher nicht besonders aufgefalllen. Aber alle Fenster im Haus der Satous haben Fliegengitter, das wird schon seinen Grund haben.

Und schon ist der Tag rum, ohne dass ich irgendetwas Nennenswertes gemacht hätte. Hat auch mal wieder gut getan, so ein fauler Tag; das Japanisch-Zentrum meines Gehirns fühlt sich jetzt deutlich entspannter an.

 

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©2005 by Harald Bögeholz