Ich vergaß ganz zu erwähnen, dass dies die zweite Nacht
war, in der ich mein Bett beheizt habe. Es wird nachts nämlich
recht kalt hier (vielleicht 5 Grad? Habe in diesem Mietwagen und
natürlich auch sonst kein Thermometer), und in den letzten paar
Motels habe ich immer versucht, das Zimmer mit den dafür
bereitstehenden Heizlüftern oder Infrarotstrahlern leidlich warm
zu kriegen. Vorgestern ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass im
Bett eine elektrische Heizdecke liegt, und auch dieses Bett hatte
eine. Während ich in der Nacht davor aufgewacht bin, weil es mir
zu warm wurde, habe ich diese Nacht perfekt geschlafen mit der Heizung
auf der niedrigsten Stufe. Nicht wirklich Wärme von unten,
sondern nur ein bisschen Nicht-Kälte, das war genau richtig. Die
Decken sind hier nämlich allgemein ziemlich dünn; nix
Federbetten oder so.
Der Tag fängt ja gut an, es regnet in Strömen. Ich habe
mir zum Glück ein Frühstück aufs Zimmer bestellt,
sodass ich noch ein Weilchen abwarten kann, ob das Wetter besser wird.
Wird es aber nicht. Also fahre ich erst einmal nach Hamilton und suche
mir dort ein Cafe für einen Cappucino - auf Instant-Kaffee hatte
ich vorhin im Motel keine Lust. Als nächstes für ein
Stündchen in einen Internet-Laden, wo es gerade so schaffe, die
Web-Galerie zu uploaden, bevor das Netz während meines Backups
unter meiner Last mehrfach zusammenbricht. Ich frage, warum denn das
Netz nicht mehr geht, und nachdem wir ein bisschen am Kabel gewackelt
haben und dies als Fehlerquelle ausschließen können, geht
es so lange, bis ich mein Backup wieder anwerfe. Ich frage nochmal
vorsichtig, ob es denn Bandbreitenbegrenzuungen gäbe, und er
meint, dass man hier natürlich keine größeren Up- oder
Downloads machen dürfe. *hüstel*. Ich warte, bis das Netz
mal wieder geht und beschränke mich dann auf E-Mail.
Es regnet immer noch. Was tun? Vielleicht mal zur Abwechslung ein
Einkaufszentrum ansteuern und mich da ein wenig umschauen. Das
Hamilton Central Shopping Centre ist aber die reinste
Enttäuschung; total winzig und gammelig - wo gehen die Hamiltoner
nur einkaufen? Es reicht gerade so für einen weiteren Cappucino,
und dann fahre ich weiter im strömenden Regen gen Auckland.
Wo will ich heute hin? Auckland hat mir eigentlich nicht so richtig
gut gefallen, aber was gibt es sonst hier in der Gegend? Weiter im
Norden, nur einige zig Kilometer von Auckland aus an der Küste
entlang, sieht es interessant aus. Dort nistet eine Kolonie von
Vögelchen, Tölpeln laut meinem Reiseführer, auf
Englisch gannets. Das Foto im Buch sieht zwar nicht so
spektakulör aus, aber Vögelchen sind ja immer nett. Und
vielleicht hat es sich ja bis dahin ausgeregnet, und ich kann mir das
im Trockenen anschauen.
Gegen 16 Uhr komme ich auf einem total verlassenen Parkplatz in
Muriwai Beach an, und in der Tat regnet es nicht mehr. Diese
Sehenswürdigkeit hat irgendwie etwas mit dem Grand Canyon
gemeinsam: Man fährt hin und sieht von weitem absolut gar nichts.
Man wundert sich noch, wozu all die Parkplätze da sind, denn hier
sieht es ja eigentlich nicht sonderlich interessant aus. Aber dann
tritt man an die Kante, und auf einmal schaut man in diesen
unglaublichen Canyon - oops, falscher Film. Das war 1992. Hier parke
ich mein Auto, schaue mir den Strand an, der nicht gerade zum Baden
einlädt, aber mit seinem dunklen Sand recht nett aussieht , und frage mich, ob ich an
der richtigen Stelle gelandet bin. Hier fliegen überhaupt keine
Vögel rum, kann das sein?
Doch dann entdecke ich ein Schild mit einem Umgebungsplan, auf dem
die Vogelkolonie eingezeichnet ist. Man muss also nur links am Felsen
entlang das Treppchen hoch und dann weiter. Schon beim Aufstieg weht
mir der Geruch von Vogelscheiße entgegen - so beginnt Secundus'
Käfig nach gut einer Woche zu riechen, um mir zu signalisieren,
dass ich ihn wieder saubermachen muss. Und da sind sie auf einmal, die
Vögelchen . Auf drei Felsen (zwei
davon auf dem Foto) sitzen sie dicht an dicht und brüten, ein
geiler Anblick ! Ich bin ganz außer
mir vor Begeisterung und schieße über 300 Fotos von
fliegenden Vögeln, bis beide Speicherkarten voll sind. Das
Aussortieren wird noch viel Arbeit machen; hier ist zum Beispiel mal
ein schönes Foto .
Als ich mich endlich von dem Anblick losreiße, ist es noch
eine Stunde vor Sonnenuntergang. Mein Reiseführer hat keine
weiteren Attraktionen in der Nähe parat, aber der
neuseeländische Road Atlas verzeichnet ein paar Kilometer weiter
nördlich "Hot Pools". Das schaff ich noch, also los.
Hinter Te Pua steht in der Tat ein vielversprechendes braunes
Schild "Thermal Pools", aber als ich der Straße folge, denke ich
mehr und mehr, dass sie ins Nichts führt. Na ja, an den Strand
laut meinem Atlas, aber das Symbol für die Thermal Pools steht
eigentlich mehr in der Nähe der Kreuzung. Also kehre ich nach 5
(oder 10?) Kilometern um; das kanns ja wohl nicht sein. In Helensville
halte ich spontan an einem Schild "Bed & Brekfast" und komme dort
für die Nacht unter. Nachdem ich mich erst nach einem Zimmer mit
eigenem Bad erkundige und mir das mit 80 Dollar zu teuer ist, zeigt
man mir die billigen Unterkünfte, und für 25 Dollar kann ich
ein gemachtes Bett in einem eigenen Zimmerchen haben, wo ich
allerdings Dusche und Toilette mit den anderen teilen muss . Hier
fällt mir wieder auf, dass man in Neuseeland offensichtlich
wesentlich billiger reisen kann, als ich das bisher getan habe. Mein
Zimmer hier ist noch nicht die unterste Kategorie, die
"Backpacker"-Unterkunft im Dorm Room wäre wohl noch billiger. Und
man kann wirklich nicht meckern. Keine Heizdecke diesmal, aber ein
vernünftiges Oberbett, und ansonsten kann man sich halt in der
gemeinschaftlichen Küche oder im Fernsehraum aufhalten.
Ich erkundige mich, wo denn die Thermal Pools nun sind und erfahre,
dass ich schon dran vorbeigefahren bin. Ob ich denn die Schilder zu
"Palm Springs" nicht gesehen habe? Schon, aber das sah mir irgendwie
eher wie ein Restaurant aus. Apropos Restaurant: Wo kann man denn hier
mal was vernünftiges essen? Schwierig, schwierig, also in
Helensville haben die meisten Läden wohl Montags und Dienstags
zu. Aber ich soll mal nach Parakai fahren (dort sind auch die Thermal
Pools); dort gebe es zwei Restaurants, die geöffnet haben
müssten.
Palm Springs erweist sich als eine Art Schwimmbad. Nach kurzem
Zögern investiere ich die 10 Dollar Eintrittsgeld und lege mich
in einen Pool badewannenwarmen Wassers. Es hat irgendwie etwas
Unwirkliches, bei Sonnenuntergang und gelegentlichen Regenschauern im
warmen Wasser zu sitzen und zuzuschauen, wie ein kräftiger Wind
eine dichte Wolkendecke über den Himmel bläst. Die Pools
scheinen tatsächlich auf einer natürlichen Thermalquelle
gebaut zu sein. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären,
warum man mittendrin an unregelmäßigen Stellen kleine
Löcher im Boden gemacht hat, aus denen heißes Wasser
quillt, an einer Stelle blubbern auch Blasen herauf.
Abendessen gibts in Black Pete's Bar & Grill direkt neben Palm
Springs. Die Speisekarte beschränkt sich im Wesentlichen auf
Steaks, also gibts halt schon wieder ein Steak mit baked potato und
Salat. Auch ganz passabel, und mit 15 Dollar für deutsche
Verhältnisse spottbillig (ca. 8 Euro). Der Euro steht
günstig für Reisen nach Neuseeland und Australien; ich
glaube, einen Neuseeländer würde der Schlag treffen, wenn er
in Deutschland essen ginge.
Zurück in der Unterkunft treffe ich in der Küche zwei
Mädels aus Deutschland, mit denen ich mich unterhalte. Daher
komme ich nicht zum Tagebuchschreiben; lediglich eine Grobsortierung
der 300 Fotos kriege ich fertig. Zwischendurch zeige ich den beiden
meine ganzen anderen Neuseeland-Fotos, denn sie haben ihre
dreiwöchige Rundreise noch vor sich und können sich so schon
mal ein Bild machen, wo es ihnen wohl am besten gefallen
könnte. Wehmütig gehe ich ins Bett, denn dies ist meine
letzte Nacht in Neuseeland.
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