27.9., Höhlen mit Glühwürmchen drin

Ich frühstücke gemütlich in der Stadt und gehe dann nochmal für ein Stündchen ans Netz. Als Attraktion des heutigen Tages stehen die Waitomo Caves auf dem Programm; weiter habe ich eigentlich nichts vor. Bis dahin sind es etliche Kilometer zu fahren, aber ich lasse es langsam angehen und verlasse New Plymouth erst, nachdem ich ein Stündchen am Internet verbracht habe, also so ungefähr gegen 12. Die Strecke ist landschaftlich wieder recht schön, ach, aber das sind sie ja irgendwie alle hier.

Gegen 15 Uhr erreiche ich den Ort Waitomo Caves und schaue mir das Visitor Center an. Es erschreckt mich etwas, dass hier anscheinend alles voll durchkommerzialisiert ist. Ein vielfältiges Angebot reicht von der 45minütigen Besichtigung der Glowworm Caves inklusive Bootsfahrt für 25 Dollar bis zum anderthalbtägigen Abenteuerprogramm mit einem 100 Meter tiefen "Abseil" für 355 Dollar. Mir war gar nicht bewusst, dass abseil ein englisches Wort ist - wieder was gelernt.

Ich erkundige mich am Visitor Center, ob es denn hier gar nichts gibt, was man auf eigene Faust einfach so unternehmen kann. Doch, doch, eine Höhle zum Selbstanschauen haben wir auch, die ist 28 km die Straße entlang. Und zwei Wanderwege gibt es, einen längeren und einen kürzeren zum Ruakuri Natural Tunnel. Natural Tunnel klingt gut: Die Leute in dem Motel letzte Nacht haben mir empfohlen, diese kleine Wanderung unbedingt zu machen.

Da es in der Höhle ja immer dunkel ist, kommt der Natural Tunnel als erstes an die Reihe. Der Weg führt durch dichte Vegetation Foto dazu und einen kleinen Tunnel Foto dazu im Felsen zu einer Aussichtsplattform in einer Höhle, durch die der Fluss sich einen Weg gebahnt hat Foto dazu. Zurück gehts über eine Hängebrücke Foto dazu - alles in allem eine nette kleine Wanderung.

Unterwegs habe ich den Beschluss gefasst, mir die Glowworm Cave anzusehen, was solls. Mein Zögern gründet sich nicht etwa auf den Eintrittspreis von 25 Dollar - daran soll es nicht scheitern -, sondern auf das Verbot jeglicher Foto- und Videoaufzeichnungen. Das finde ich unverschämt - ich soll Eintritt bezahlen und darf nicht einmal fotografieren? Ich frage am Eingang extra noch einmal, warum denn, und bekomme ziemlich unverblümt die Antwort, dass man hier Geld verdienen will - everything's got a value, you know.

Also ohne Kamera. Die Tour um 16:30 umfasst außer dem Führer nur noch ein Mädel aus Malta, größer ist die Gruppe um diese Zeit nicht. Deshalb wird uns die besondere Ehre zuteil, auch einen Seitengang der Höhle besichtigen zu dürfen, den sie mit größeren Gruppen auslassen. Da fühlen wir uns aber geehrt.

Irgendwie will mir die Höhle keinen rechten Spaß machen, denn obwohl natürlichen Ursprungs, ist sie doch vollständig ausgebaut mit schönen, gepflasterten Wegen, Geländern und kleinen Strahlern, die alles ins rechte Licht setzen. Das ist zwar sehr bequem, aber eine naturbelassene Höhle mit einer eigenen Taschenlampe zu durchqueren, macht irgendwie mehr Spaß.

Die Glühwürmchen bieten dann aber gegen Ende der Tour doch ein ganz nettes Naturschauspiel. Wir steigen in ein Boot, das unser Führer langsam in einen unbeleuchteten Teil der Höhle hineinbugsiert; anscheinend hangelt er sich dabei an zu diesem Zwecke gespannten Stahlseilen entlang. Vorher hat er uns im Hellen die Glühwürmchen gezeigt: Sie hängen an der Decke und lassen von dort 5 bis 10 Zentimeter lange, klebrige Fäden herab, um damit Insekten zu fangen, die sie mit ihrem Licht anlocken. Im Dunklen sieht man natürlich nichts mehr von den Fäden, sondern nur noch hunderte grünlich-blauer Lichtpünktchen. Anders als ein flacher Sternenhimmel wirkt dieses Schauspiel aber irgendwie dreidimensional, so als säßen die Glühwürmchen in mehreren transparenten Ebenen übereinander. Der Guide kapiert nicht recht, was ich damit meine, lässt sich aber überreden, mal seine Taschenlampe anzumachen. Die Erklärung ist ganz einfach: Die Höhlendecke ist natürlich nicht glatt, sondern von Stalagtiten übersät, und dadurch sitzen manche Glühwürmchen in der Tat bis zu einen halben Meter als andere. Da man die Decke selbst im Dunklen nicht sieht, entsteht der merkwürdige Eindruck, da oben gäbe es eine Wolke von Lichtpünktchen.

Schon ganz nett, das mal gesehen zu haben, und es zu fotografieren, wäre sowieso ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Denn selbst wenn ich ein Stativ bei mir gehabt hätte, hätte das auf einem Boot wenig genützt. Der dreidimensionale Eindruck, der das Besondere an dem Anblick ist, wäre auf einem Foto auch nicht rübergekommen, und den sorgfältig ausgeleuchteten Teil der Höhle zu fotografieren, hätte mir vermutlich auch keinen wirklichen Spaß gemacht, zumal immer irgendwelche Wege, Geländer oder Strahler auf den Bildern gewesen wären. Trotzdem find ichs unverschämt, das Fotografieren zu verbieten.

Am Ende der Tour, wo die Touris normalerweise aussteigen, bietet uns unser Führer an, wieder mit zurückzufahren. Er muss das Boot sowieso zurückbringen, und mit nur zwei Leuten können wir auch durch die Höhle zurückgehen. Die Gelegenheit nehm ich mit und bewundere den Anblick noch einmal mit eigenen Augen, wenn ich ihn schon nicht digital mitnehmen kann.

Und schon ist wieder ein Tag zuende. Zwar noch nicht ganz, aber weder mein schlauer Reiseführer noch mein Road Atlas verzeichnen in der Umgebung irgendwelche Sehenswürdigkeiten, sodass ich beschließe, weiter in Richtung Auckland zu fahren und in Hamilton Nachtquartier zu beziehen. Ich schaffe es aber nicht ganz - plötzlich überkommt mich eine bleierne Müdigkeit und statt eine Pause zu machen oder mich mit Cola oder Kaffe zu dopen, bleibe ich einfach im nächstbesten Kaff. Das ist in diesem Fall Kihikihi. Als ich mich erkundige, wo man denn hier ein nettes Restaurant findet, ernte ich nur Schulterzucken - in Kihikihi nicht, wenn, dann einen Ort weiter, in Te Awamutu. Hät ich das gewusst, dann hätt ich gleich dort mein Zelt aufgeschlagen, aber egal, sind nur ungefähr fünf Kilometer. Dort finde ich in der Tat einen Laden, wo man mir ein überraschend gutes Steak brutzelt und ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, nur mit 0,0 Promille Auto zu fahren, ein (einziges) Gläschen Rotwein dazu genieße.

 

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©2004 by Harald Bögeholz