Ich frühstücke gemütlich in der Stadt und gehe dann
nochmal für ein Stündchen ans Netz. Als Attraktion des
heutigen Tages stehen die Waitomo Caves auf dem Programm; weiter habe
ich eigentlich nichts vor. Bis dahin sind es etliche Kilometer zu
fahren, aber ich lasse es langsam angehen und verlasse New Plymouth
erst, nachdem ich ein Stündchen am Internet verbracht habe, also
so ungefähr gegen 12. Die Strecke ist landschaftlich wieder recht
schön, ach, aber das sind sie ja irgendwie alle hier.
Gegen 15 Uhr erreiche ich den Ort Waitomo Caves und schaue mir das
Visitor Center an. Es erschreckt mich etwas, dass hier anscheinend
alles voll durchkommerzialisiert ist. Ein vielfältiges Angebot
reicht von der 45minütigen Besichtigung der Glowworm Caves
inklusive Bootsfahrt für 25 Dollar bis zum anderthalbtägigen
Abenteuerprogramm mit einem 100 Meter tiefen "Abseil" für 355
Dollar. Mir war gar nicht bewusst, dass abseil ein englisches Wort ist
- wieder was gelernt.
Ich erkundige mich am Visitor Center, ob es denn hier gar nichts
gibt, was man auf eigene Faust einfach so unternehmen kann. Doch,
doch, eine Höhle zum Selbstanschauen haben wir auch, die ist
28 km die Straße entlang. Und zwei Wanderwege gibt es,
einen längeren und einen kürzeren zum Ruakuri Natural
Tunnel. Natural Tunnel klingt gut: Die Leute in dem Motel letzte Nacht
haben mir empfohlen, diese kleine Wanderung unbedingt zu machen.
Da es in der Höhle ja immer dunkel ist, kommt der Natural
Tunnel als erstes an die Reihe. Der Weg führt durch dichte
Vegetation und einen kleinen
Tunnel im Felsen zu einer
Aussichtsplattform in einer Höhle, durch die der Fluss sich einen
Weg gebahnt hat . Zurück gehts
über eine Hängebrücke - alles in allem eine
nette kleine Wanderung.
Unterwegs habe ich den Beschluss gefasst, mir die Glowworm Cave
anzusehen, was solls. Mein Zögern gründet sich nicht etwa
auf den Eintrittspreis von 25 Dollar - daran soll es nicht scheitern
-, sondern auf das Verbot jeglicher Foto- und Videoaufzeichnungen. Das
finde ich unverschämt - ich soll Eintritt bezahlen und darf nicht
einmal fotografieren? Ich frage am Eingang extra noch einmal, warum
denn, und bekomme ziemlich unverblümt die Antwort, dass man hier
Geld verdienen will - everything's got a value, you know.
Also ohne Kamera. Die Tour um 16:30 umfasst außer dem
Führer nur noch ein Mädel aus Malta, größer ist
die Gruppe um diese Zeit nicht. Deshalb wird uns die besondere Ehre
zuteil, auch einen Seitengang der Höhle besichtigen zu
dürfen, den sie mit größeren Gruppen auslassen. Da
fühlen wir uns aber geehrt.
Irgendwie will mir die Höhle keinen rechten Spaß machen,
denn obwohl natürlichen Ursprungs, ist sie doch vollständig
ausgebaut mit schönen, gepflasterten Wegen, Geländern und
kleinen Strahlern, die alles ins rechte Licht setzen. Das ist zwar
sehr bequem, aber eine naturbelassene Höhle mit einer eigenen
Taschenlampe zu durchqueren, macht irgendwie mehr Spaß.
Die Glühwürmchen bieten dann aber gegen Ende der Tour
doch ein ganz nettes Naturschauspiel. Wir steigen in ein Boot, das
unser Führer langsam in einen unbeleuchteten Teil der Höhle
hineinbugsiert; anscheinend hangelt er sich dabei an zu diesem Zwecke
gespannten Stahlseilen entlang. Vorher hat er uns im Hellen die
Glühwürmchen gezeigt: Sie hängen an der Decke und
lassen von dort 5 bis 10 Zentimeter lange, klebrige Fäden herab,
um damit Insekten zu fangen, die sie mit ihrem Licht anlocken. Im
Dunklen sieht man natürlich nichts mehr von den Fäden,
sondern nur noch hunderte grünlich-blauer Lichtpünktchen.
Anders als ein flacher Sternenhimmel wirkt dieses Schauspiel aber
irgendwie dreidimensional, so als säßen die
Glühwürmchen in mehreren transparenten Ebenen
übereinander. Der Guide kapiert nicht recht, was ich damit meine,
lässt sich aber überreden, mal seine Taschenlampe
anzumachen. Die Erklärung ist ganz einfach: Die Höhlendecke
ist natürlich nicht glatt, sondern von Stalagtiten
übersät, und dadurch sitzen manche Glühwürmchen in
der Tat bis zu einen halben Meter als andere. Da man die Decke selbst
im Dunklen nicht sieht, entsteht der merkwürdige Eindruck, da
oben gäbe es eine Wolke von Lichtpünktchen.
Schon ganz nett, das mal gesehen zu haben, und es zu fotografieren,
wäre sowieso ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Denn selbst
wenn ich ein Stativ bei mir gehabt hätte, hätte das auf
einem Boot wenig genützt. Der dreidimensionale Eindruck, der
das Besondere an dem Anblick ist, wäre auf einem Foto auch nicht
rübergekommen, und den sorgfältig ausgeleuchteten Teil der
Höhle zu fotografieren, hätte mir vermutlich auch keinen
wirklichen Spaß gemacht, zumal immer irgendwelche Wege,
Geländer oder Strahler auf den Bildern gewesen wären.
Trotzdem find ichs unverschämt, das Fotografieren zu
verbieten.
Am Ende der Tour, wo die Touris normalerweise aussteigen, bietet
uns unser Führer an, wieder mit zurückzufahren. Er muss das
Boot sowieso zurückbringen, und mit nur zwei Leuten können
wir auch durch die Höhle zurückgehen. Die Gelegenheit nehm
ich mit und bewundere den Anblick noch einmal mit eigenen Augen, wenn
ich ihn schon nicht digital mitnehmen kann.
Und schon ist wieder ein Tag zuende. Zwar noch nicht ganz, aber
weder mein schlauer Reiseführer noch mein Road Atlas verzeichnen
in der Umgebung irgendwelche Sehenswürdigkeiten, sodass ich
beschließe, weiter in Richtung Auckland zu fahren und in
Hamilton Nachtquartier zu beziehen. Ich schaffe es aber nicht ganz -
plötzlich überkommt mich eine bleierne Müdigkeit und
statt eine Pause zu machen oder mich mit Cola oder Kaffe zu dopen,
bleibe ich einfach im nächstbesten Kaff. Das ist in diesem Fall
Kihikihi. Als ich mich erkundige, wo man denn hier ein nettes
Restaurant findet, ernte ich nur Schulterzucken - in Kihikihi nicht,
wenn, dann einen Ort weiter, in Te Awamutu. Hät ich das gewusst,
dann hätt ich gleich dort mein Zelt aufgeschlagen, aber egal,
sind nur ungefähr fünf Kilometer. Dort finde ich in der Tat
einen Laden, wo man mir ein überraschend gutes Steak brutzelt und
ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, nur mit 0,0 Promille Auto
zu fahren, ein (einziges) Gläschen Rotwein dazu
genieße.
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