Mitten in der Nacht - gegen 7; das Frühstück habe ich für 7:45 bestellt - klopft es an der Tür, und ein zahngeklammertes Mädel fragt mich, ob ich mein Tablett noch brauche. Äh, ich habe doch mein Frühstück erst für später bestellt. "Oh, I'm sorry" ... ja, ich auch. Ich könnte ja jetzt einfach wach bleiben, lege mich aus Trotz aber wieder hin. Und werde eine Viertelstunde später wieder geweckt, als sie mir das Frühstück bringt. Wohl extra schnell, um ihren Fehler von vorhin wieder gutzumachen, aber immer noch eine halbe Stunde früher, ich es eigentlich haben wollte. *grummel* Ich mache nach dem verfrühten Frühstück ein zweites Schläfchen und verlasse das Hotel erst kurz vor 10. Schieße schnell zwei Fotos von Motel und Straße , aber da es hier anscheinend nichts Spektakuläres zu sehen gibt, fahre ich los in Richtung Newcastle. Die Hinweisschilder gen Sydney wollen mich schon vor Newcastle umleiten, aber ganz so eng ist mein Zeitplan ja nicht, also fahre ich nach Newcastle rein. Im Visitor Center erzählt man mir neben einer ganzen Menge anderer Dinge, die man hier noch anstellen kann, von einer Fotoausstellung. Wildlife Photography klingt interessant, und die Bibliothek, wo die Ausstellung sich befindet, ist gleich um die Ecke. Also erst mal dorthin. Diese Ausstellung lohnt sich! Jedes einzelne Foto, das ich dort sehe, ist spektakulär, und mir wird bewusst, was für ein unglaublicher Dilettant ich doch bin, was das Fotografieren angeht. Ok, Tierfotografie ist natürlich eine Sache für sich: Man liest in den Beschreibungen zu den Fotos, dass die Leute sich zum Teil extra für das Foto irgendwo im Busch versteckt und gewartet haben oder zwei Wochen lang die Lebensgewohnheiten einer Eule studiert haben, um dann dort, wo sie immer hinfliegt, eine Kamera mit Fernauslöser hinzustellen. Solche Mühe habe ich mir natürlich noch nie im Leben gemacht. Aber trotzdem: atemberaubende Fotos. Nur mit Rücksicht auf das Gewicht meines Gepäcks (die Waage in Tokyo hat 33 Kilo angezeigt!) kaufe ich den Bildband nicht. Inspiriert durch die Bilder fotografiere ich nach der Ausstellung gleich ein Vögelchen, das ein anderes füttert (mit mäßigen Erfolg; falsche Perspektive - ich bin halt einfach unten und die Vögelchen oben auf dem Ast), und beschließe dann, aufgrund der fortgeschrittenen Stunde die Strandpromenade doch nur mit dem Auto abzufahren, statt einen Spaziergang zu machen. Ich muss aber doch anhalten, um ein paar Fotos zu schießen. Hier gibt es Pelikane, und ich finde es nett, wie sie teilweise auf den Straßenlampen sitzen . Als ich in perfekter Position stehe, das Teleobjektiv drauf und die Kamera richtig eingestellt habe, tut mir ein Pelikan den Gefallen, von der Straßenlampe zum Meer zu fliegen. So habe ich ein paar schöne Fotos von einem fliegenden Pelikan . Aufgrund des einfachen blauen Himmels als Hintergrund und des unspektakulären Lichts natürlich immer noch kein Vergleich mit den Bildern der Ausstellung. Aber für selbst gemacht nicht schlecht, finde ich. Ich liebe meine D70! Jetzt aber nach Sydney! Die Navigation aus Newcastle raus gestaltet sich schwieriger als erwartet. Ich dachte, wenn ich mich immer links halte (dort ist die Küste), kann ich nichts falsch machen, aber hier sind Wohngebiete und Sackgassen noch und nöcher, sodass ich nicht so richtig in Fahrt komme. An einer Anhöhe erwische ich immerhin noch einmal einen schönen Ausblick über Newcastle . Als ich endlich auf dem Highway bin, beschließe ich, ohne weitere Umwege und Zwischenstopps bis nach Sydney zu fahren. Klappt aber doch nicht: Mein Reiseführer empfiehlt nämlich "eine reizvolle Alternative zum Pacific Highway - die auf einem schmalen Landstreifen zwischen dem Ozean und den Binnenseen Lake Macquarie und Tuggerah Lake verlaufende Küstenstraße". Sieht auf der Karte nicht viel weiter aus, aber ich finde die komische Straße eh nicht, also keine weiteren Umwege. Auf einmal kommt aber doch eine Kreuzung, auf der die Ampel geradeaus rot und die nach links grün ist, und auf dem Schild nach links steht "Scenic Drive" und so weiter, also die Straße, die ich vorher nicht gefunden habe. Anscheinend ein Wink des Schicksals, also doch die Küstenstraße. Sie ist ganz nett, ja, aber nervt schon nach kurzer Zeit unglaublich, weil man meist nur 60 fahren darf, es zahlreiche Orts- und Örtchens-Durchfahrten gibt und außerdem reger Verkehr herrscht. Wird es also doch erst kurz vor Sonnenuntergang werden, bis ich endlich in Sydney bin. Endlich wieder auf dem Highway, beobachte ich, wie der Verkehr und die Bebauung immer dichter werden, die Straße ist mittlerweile dreispurig je Richtung. Plötzlich geht es bergab, und ich sehe die Skyline von Sydney und fahre in einem halsbrecherischen Manöver von der äußerst rechten Spur aus links ran, um dann in Ruhe zu fotografieren . Die Stadt ist doch noch recht weit weg; man braucht schon das Teleobjektiv. Aber es hat sich gelohnt, hier anzuhalten, denn die ganze Weiterfahrt über kommt ein solcher Aussichtspunkt nicht wieder. Der Verkehr wird dichter und dichter, die Straße wechselt munter zwischen zwei- und dreispurig und die Autofahrer wuseln munter zwischen den Spuren hin und her - kein Vergleich mit dem geruhsamen Autofahren, das ich vom Lande her gewohnt war. Ich folge wieder dem alten Prinzip: So lange den Schildern Richtung City folgen, bis keine mehr kommen, dann muss ich wohl dort sein. Das klappt so weit auch im Prinzip, nur kommt jetzt die Harbor Bridge. Nach deren Überquerung wird die Maut von 3 Dollar fällig, und zu diesem Zwecke soll man sich schon einmal auf 6 (7?) Fahrstreifen verteilen, je nachdem, wo man hin will. Das Schild fotografiere ich erst am nächsten Tag, als ich zu Fuß auf der Brücke bin ; heute überfordert es mich. Was weiß ich, wo ich hin will, nirgendwo steht City und um mich herum wuseln hektisch so viele Autos, dass ich einfach nicht langsamer fahren oder gar anhalten kann. Also fahre ich irgendwo hin. Ich ziehe das dümmstmögliche Los und lande auf igrendeinem Freeway, der wer weiß wohin führt. Dabei wünsche ich mir nichts sehnlicher als einfach anhalten zu dürfen. Ich habe ja von Avis einen dicken Atlas über Sydney mit wirklich gutem Kartenmaterial hier ... aber ich brauche Zeit, um reinzuschauen! Nach zwei, drei Kilometern gelingt es mir endlich, dem Sog der Schnellstraße zu entkommen, und ich halte irgendwo an und orientiere mich, um dann gen Innenstadt zu fahren. Das hätt ich mir mal besser vorher überlegt. Alle Straßen sind total verstopft, und ich komme nur im Schritttempo voran, wen überhaupt. Eigentlich hatte ich gehofft, noch deutlich vor Sonnenuntergang Dawes Point zu erreichen, um dann in optimalem Licht das berühmte Opernhaus zu sehen und zu fotografieren, aber hier geht eine halbe Stunde lang so gut wie gar nichts voran - Rush-Hour in der Mitte einer Großstadt halt. Man kann es aber natürlich auch positiv sehen. Ich betrachte geruhsam die George Strett im Schrittempo kurz nach Sonnenuntergang, ohne laufen zu müssen. Und komme tatsächlich irgendwann am Dawes Point an. Mein Foto vom Opernhaus wird also eine Nachtaufnahme, die gar nicht so ganz schlecht wirkt, da es noch nicht ganz stockfinster ist und der Himmel sich daher schön dunkelblau über den angestrahlten Segeln erhebt . Aber wo übernachten? Mein für Kleinstädte übliches Verfahren, einfach entlang der Einfallstraße Ausschau nach einem Motel zu halten, kann ich natürlich mitten in Downtown Sydney vergessen. Aber die Hotels, die ich hier gesehen habe, sehen alle nicht so aus als wären sie in meiner Preisklasse. Mit Schrecken erinnere ich mich noch an 1997, als ich im Marriot Fisherman's Warf in San Francisco gefragt habe, was es denn kosten würde, das von Microsoft bezahlte Zimmer noch um einen Tag zu verlängern. Das wären damals 500 US-Dollar pro Nacht gewesen *schluck*. Also beschließe ich schweren Herzens, wieder ein paar Kilometer aus der Stadt rauszufahren, bis ich was finde, was erschwinglich aussieht. Das Schicksal will es aber anders. Ich erwische nämlich eine falsche Abzweigung und lande in so einer Art Chinatown in einer Sackgasse, kehre um und entdecke vor einem Hotel namens Pacific Inn einen freien Parkplatz, auf dem man wenigstens ein paar Minuten lang stehen bleiben darf. Das ist immerhin genug, um sich mal zu erkundigen, was es kosten würde, hier zu bleiben. 110 Dollar die Nacht, das ist vermutlich für ein Hotel mitten in der Innenstadt ein eher guter Preis. Plus 15 Dollar Parkgebühr allerdings, um mein Auto in einem Parkhaus ein paar Häuser weiter abzustellen, so etwas hatte ich schon befürchtet. Aus Faulheit gehe ich in meinem "Nobelhotel" auch gleich Abendessen und frage dann den freundlichen Kellner, wohin ich denn mal ausgehen könnte. Er empfiehlt mir die Oxford Street. Die ist ja praktischerweise ganz in der Nähe; ich entscheide spontan, in diesem Hotel auch die nächste und letzte Nacht in Australien zu verbringen, denn ich habe einfach keine Lust mehr auf Autofahren. Beim zweiten oder dritten Anlauf finde ich auch ein Internet-Cafe, das mich mein eigenes Notebook anstöpseln lässt (ist keineswegs selbstverständlich). Es hat eine richtig dicke Strippe, und ich erledige all meine Uploads und telefoniere eine Weile über Sipgate. Erst nach 10 stürze ich mich ins "Nachtleben"; es ist aber werktags nicht mehr gerade der Bär los. Jedenfalls nicht in dieser Ecke der Stadt. |
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