Ich werde um 7:40 vom Frühstück geweckt, das ich mir zum
spätest möglichen Zeitpunkt - zwischen 7:45 und 8 - aufs
Zimmer bestellt habe. Kurz nachdem ich es entgegengenommen habe,
klingelt der Wecker. Ich habe mich an das deftige Frühstück
inzwischen gewöhnt: Heute gibt es Lammkoteletts, dazu zwei Eier,
Tomaten und Toast. Nach dem Frühstück trödle ich noch
ein bisschen beziehungsweise blättere in meinem Reiseführer,
um mir zu überlegen, wo ich meine Zeit am besten verbringen soll.
Da ich ein Vogel-Fan bin, fällt die Entscheidung für einen
Abstecher zum Ravenbourne National Park, der hier in der Nähe und
angeblich bekannt für seine zahlreichen Vogelarten ist.
Vorher gilt es aber noch, Gärten zu besichtigen. Toowoomba
nennt sich "the garden city" und ist angeblich berühmt für
seine Gärten, besonders im Frühjahr. Da gerade Frühjahr
ist, will ich doch mal schauen. Es ist 16 Grad kühl, aber die
Sonne strahlt von einem blauen Himmel herab, sodass das Auto schon
schön vorgewärmt ist. Der "Picnic Point" trägt seinen
Namen zu Recht und seine Empfehlung für schöne Gärten
in meinem Reiseführer zu Unrecht: Ich knipse lustlos zwei Fotos
von der Aussicht - immerhin bin ich hier auf einem Hügel und kann
schön die Straße nach Osten sehen, über die ich von
Brisbane gekommen bin -, trinke einen Cappucino im "Waterfall Cafe",
das ebenfalls zu peinlich ist, um es zu fotografieren - der Wasserfall
ist ein künstlicher, der bestimmt einen halben Meter hoch
ist.
Also los in Richtung Nationalpark. Queens garden liegt immerhin auf
dem Weg, sodass ich dort kurz anhalte. Da gibt es in der Tat ein paar
hübsche Blumenbeete und etliche Australier, die sie sich
ansehen .
Eine Dreiviertelstunde später bin ich beim Nationalpark. Der
Panoramablick vom Parkplatz aus ist nett, aber irgendwie doch nichts
Besonders . Ich fahre zum Beginn der Wanderpfade und mache mich auf den
Weg, den Rainforest Trail entlang und dann zu den
Sandsteinhölen.
Ich glaube, um Vögel zu fotografieren, muss man mehr Geduld
mitbringen und einfach mal an einer Stelle lange und ruhig warten, bis
sie endlich vorbeikommen. Da ich dazu nicht wirklich Zeit habe, ist
die Ausbeute an gesehenen und vor allem an fotografierten Vögeln
recht gering. Immerhin eine etwas andere Sittich(?)-Art, rot mit
grünen Flügeln, verirrt sich vor mein Teleobjektiv .
Apropos Teleobjektiv: Ich verstehe jetzt, wieso Dusan die
Lautstärke von Objektiven wichtig findet. Der Motor für den
Autofokus macht bei diesem Objektiv einen Höllenlärm. Und
ich verstehe jetzt auch, wieso ich bei einigen anderen Objektiven
schon einen Schalter gesehen habe, der den Autofokus-Bereich
einschränkt. Meines hat nämlich so einen Schalter nicht, und
manchmal, wenn sich der Autofokus nicht sicher ist, fährt er den
gesamten Bereich einmal rauf und runter, von Unendlich bis 1,50 m
und zurück. Zzzzzzzzzzzzttt, Zzzzzzzzzzzzzzt, fast eine Sekunde
lang. Und dann ist das Vögelchen garantiert weg. Im weiteren
Verlauf des Tages versuche ich, manuell zu fokussieren, aber ich kann
es noch schlechter als der Autofokus. Zwar sind die Vögelchen
noch da, aber so gut wie alle Bilder für die Tonne, weil doch
unscharf :-(.
Als ich die "Höhlen" endlich erreihe, finde ich sie recht
enttäuschend . Dafür bin ich nun
über eine Stunde lang durch den Wald gestapft? Na ja. Doch auf
dem Rückweg kommt die Entschädigung: Ein Rascheln im Busch
macht mich aufmerksam, und ich sehe einen Buntwaran (?, jedenfalls so eine
Rieseneidechse ;-)), wie er gerade an irgendeinem anderen toten Tier
herumnagt. Das Vieh ist einen halben Meter lang und im Unterholz
schwer zu sehen und noch schwieriger zu fotografieren. Als er satt
ist, klettert er ein bischen den Baum hoch . Irgendwie macht es mehr
Spaß, so ein Tierchen in freier Wildbahn zu beobachten, als in
irgendeinem Zoo.
Gegen 13 Uhr mache ich mich auf den Rückweg; ich muss nach
Toowoomba zurück, um von dort aus weiter nach Süden zu
fahren, der Nationalpark war ein Umweg. Unterwegs halte ich am Black
Forest Hill, den ich mir auf der Hinfahr schon vorgemerkt hatte. Hier
gibt es doch tatsächlich mitten in Australien einen
Kucksuhren-Laden, ist denn das zu fassen ? Kaffee-Stüble steht
auf dem Schild , aber Deutsch spricht man
weder in dem typisch deutschen Cafe , in dem ich einen
italienischen Cappucino nehme , noch in dem typisch
deutschen Kuckucksuhren-Laden. Ob man denn viel Kundschaft habe hier?
Oh ja, dieser Laden ist der einzige Importeur von
Kuckucksuhren und Standuhren (grandfather clocks) und
dafür australienweit bekannt, versichert man mir. Das
erklärt in der Tat das große Sortiment . Und lustige Volksmusik
dudelt natürlich die ganze Zeit im Hintergrund, versteht sich.
Für die Daheimgebliebenen: Cabarlah ist vermutlich auf keiner in
Deutschland erhältlichen Australienkarte drauf; der nächste
größere Ort ist wie gesagt Toowoomba, 120 km oder so
westlich von Brisbane.
Ein nettes Bild noch unterwegs: Ein Immobilien-Drive-Thru . Die Vorstellung, da mal
eben durchzufahren und aus dem Auto raus ein Grundstück zu
kaufen, erscheint mir ziemlich absurd. Es handelt sich aber nur um
unbemannte Aushänge, wo man sich vom Auto aus Immobilienangebote
ansehen kann.
Jetzt geht es ernsthaft ans Autofahren: Bis Sydney ist es noch
weit. Ich fahre und fahre und fahre und fahre, überquere die
Grenze nach New South Wales und fahre. Ok, in Wirklichkeit mach ich
jede Stunde ne Pause; ich werde erschreckend schnell müde am
Steuer hier in Australien. Die Temperatur sinkt und sinkt: 12 Grad, 10
Grad, 8 Grad ... ich habe schon lange die Klimaanlage abgeschaltet und
drehe jetzt die Heizung an.
Mehrmals denke ich, dass die Vögel hier aber unvorsichtig tief
über die Straße fliegen, als ich dann leider auch einen
erwische. Man kann nichts machen, wenn man mit 100 die Straße
langfährt und plötzlich drei Vögel (so vom Kaliber
einer Elster) einen halben Meter über dem Boden von rechts
geflogen kommen - einen hat es unter meinem Auto verspult :-(. Ich
überlege eine Sekunde lang, ob sich das Anhalten lohnt, aber was
könnte ich schon tun? Ich fahre also weiter, trauere ein paar
Minuten um das Vögelchen und rede mir dann ein, dass man das auch
positiv sehen kann. Immerhin war es kein Känguruh - ein solches
hätte womöglich auch einen ernsthafteren Unfall verursachen
können.
In der Nähe von Tenterfield sehe ich ein Schild, dass es noch
800 km bis Sydney sind. Au Backe, dann muss ich wohl noch das
restliche Tageslicht ausnutzen, denn ich will eigentlich
spätestens übermorgen Abend in Sydney sein, damit ich den
15. komplett dort verbringen kann - am 16. fliege ich ja schon weiter
nach Neuseeland. Um kurz nach 18 Uhr komme ich kurz nach
Sonnenuntergang in Glenn Innes an und suche mir das erstbeste Motel.
Glenn Innes ist wie erwartet Sonntagabends eine Geisterstadt. Die
Außentemperatur beträgt 4 Grad Celsius, *schüttel*.
Kein Wunder wirbt hier niemand mit Klimaanlagen; mein einfaches
Motelzimmer hat einen Gasofen, den ich klassisch mit einem Streichholz
anzünden muss. Bibbernd warte ich, bis das Zimmer endlich warm
wird, und komme gar nicht erst auf die Idee, mich hier nach einem
Internet-Zugang zu erkundigen. Und das Abendessen lasse ich auch weg;
irgendwie muss man ja dieses deftige Frühstück
kompensieren.
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