9.9., Driving in the Rain

Man sieht viele Känguruhs in Australien. Tote Känguruhs. Am Straßenrand oder auch auf der Straße liegen immer wieder welche, also muss es wohl Känguruhs in Australien geben. Lebendig habe ich bisher in freier Wildbahn erst eins gesehen, auf dem Weg zu den Wallaman Falls Foto dazu Foto dazu. Womöglich stimmen die Warnungen in meinem Reiseführer, wonach die Viecher des Nachts durch die Scheinwerfer angelockt und dann überfahren werden.

Nymphensittiche habe ich in freier Wildbahn auch noch nicht entdeckt. Eine Menge anderer Vögelchen, insbesondere die Rainbow Lorikeets, die nach meinem laienhaften Verstand doch recht verwandt aussehen, aber halt bunt sind. Bei meiner ersten Kaffeepause sehe ich heute aber doch einen Nymphi: Er heißt Max und sitzt in einem Käfig Foto dazu. Und unterhält sich begeistert mit mir, als ich ihm pfeife: Ich glaube, wenn man ihn rausließe, käme er sofort auf meine Schulter geflogen; er sieht sehr anhänglich aus. Leider sind die Gitterstäbe so eng, dass man ihn nicht kraulen kann; er benimmt sich so, als könnte ihm das gefallen. Ein bisschen vermisse ich Secundus ja schon, wenn ich dieses Vögelchen so sehe.

Ansonsten ist der Tag trüb und wird immer kühler. Gestartet bin ich mit Wolken bei 23 Grad, und nach und nach sinkt die Temperatur bis auf 18 Grad und gelegentlicher Nieselregen geht in Dauerregen über. Bei meiner nächsten Tankstellenpause sehe ich einen vergammelten Ständer mit CDs und überlege, dass die Dire Straits erstens allmählich langweilig werden und zweitens nicht zu diesem Wetter passen. Ich finde die Filmmusik zu Lord of the Rings, Return of the King. Die hätt ich mir zu Hause zwar nicht unbedingt gekauft, aber immerhin habe ich sie noch nicht. Und sie passt super gut zu Australien im Regen, finde ich. Geregnet hats im Film zwar relativ selten, wenn ich mich recht erinnere, aber großteils ist die Musik dafür geschrieben, eine düstere Atmosphäre zu untermalen, und das tut sie hier auf meiner Fahrt ganz hervorragend. Mal schauen, wie gut sie nächste Woche zu Neuseeland passt. Obwohl ich vermutlich dort keinen CD-Spieler im Auto haben werde.

Mein Ziel für heute ist Noosa, laut Reiseführer ein Schickimicki-Ferienort an der Sunshine Coast, das australische Saint Tropez. Ich hatte eigentlich überlegt, bis nach Brisbane zu fahren, aber ich muss feststellen, dass meine Kondition beim Autofahren hier in Australien nicht besonders gut ist. Ich brauche jede Stunde eine Pause, entweder, weil es langweilig ist und ich sonst einschlafe, oder wie heute, weil es anstrengend ist, wenn es so heftig regnet, dass man kaum etwas sehen kann.

Ich erreiche Noosa nach etwa 450 km Fahrt gegen 17:15, in strömendem Regen. Es ist schon fast dunkel, und das Straßenbild sieht in der Tat deutlich anders aus als in den Kleinstädten, in denen ich bisher war. Es wirkt alles recht nobel und so eine Reihe billiger Absteigen, wie ich sie bisher am Ortseingang jeder Stadt gesehen habe, fehlt. Meine Navigation nach Gefühl funktioniert wieder gut und bringt mich zu einer Art Zentrum, wo es auch eine Touristen-Info samt Parkplatz gibt. Leider hat der Laden um 17 Uhr geschlossen. Als ich mich so unter das Vordach kauere, um dem Regen zu entgehen, und den Stadtplan studiere, kommt eine Frau heraus, die hinter sich abschließt. Ich frage sie freundlich, ob sie noch schnell einen Tipp für mich parat hat, wo ich eine erschwingliche Unterkunft finde, und sie meint, nur für eine Nacht? An was ich denn denke, 100 Dollar? Wenns billger wäre, hätte ich auch nichts dagegen (schließlich bin ich den 60-Dollar-Standard gewöhnt). Oh, das wird schwierig, ob da wohl überhaupt noch was frei ist ... sie schließt nochmal auf und gibt mir einen Stadtplan, eine Broschüre über Noosa und vier Prospekte von Motels, die meinen Preisvorstellen nahekommen und womöglich etwas frei haben.

Ich schnappe mir den am sympathischsten aussehenden Prospekt, orte das Motel auf dem Stadtplan und navigiere recht fehlerfrei dorthin, abgesehen davon, dass ich anscheinend den dicht auffahrenden anderen Autos nach zu urteilen ein Verkehrshindernis bin, als ich so mit ca. 30 durch den Ort fahre und versuche, mich zu orientieren. Das Motel "At the Sound" will 95 Dollar von mir haben. Na gut, ich habe mir schon gedacht, dass dieser Ort etwas teurer ist, und ich habe wirklich keine Lust, im Dunklen und im strömenden Regen weiterzusuchen.

Als ich das Zimmer betrete, muss ich aber sagen, dass der Preis für das Gebotene im Vergleich zu den Motels, in denen ich bisher genächtigt habe, absolut in Ordnung ist. Obwohl ich Fotos von Hotelzimmern hasse, mache ich heute eine Ausnahme und knipse das Zimmer: Ein richtiges Wohnzimmer mit Sofa und Esstisch (unter dem Fernseher hängt sogar ein Videorecorder) Foto dazu, eine hübsche Kochecke Foto dazu und ein sehr schönes Bad mit einer großen Wanne, die Sprudeldüsen hat Foto dazu. Wie ich etwas später entdecke, hat das Zimmer sogar eine eigene Waschmaschine und einen Wäschetrockner, und Waschmittel für eine Ladung ist auch schon dabei.

Es mangelt auch nicht an Prospekten für Bringdienste, auch am Kühlschrank hängt einer. Ich könnte also einfach irgendwo anrufen und mir was zu essen bringen lassen. Aber ganz so einfach möchte ich es mir nicht machen; ich fahre also nochmal ein bisschen Auto. So ne ganz normale Pizza wär eigentlich was zur Abwechslung; ich finde nahebei einen Pizza-Laden.

Auf der Speisekarte gibt es keine Getränke, und ich erinnere mich, aus dem Augenwinkel gesehen zu haben, dass dies ein BYO-Restaurant ist. Bring Your Own - man muss also seine eigenen Getränke mitbringen. Das scheint sich nicht nur auf Alkohol zu beziehen; ich sehe keine Getränke auf der Karte. Da ich eh noch Auto fahre, ist Wasser aber in Ordnung. Die Pizza schmeckt anders, als ich sie mir vorgestellt habe, aber macht schon satt. Und kostet $17,50, was im Vergleich zu dem Abendessen neulich in Townsville ($6,60) doch ne ganze Menge, aber für den Touristen, der in Euro denkt, immer noch im erschwinglichen Rahmen ist.

Jetzt Internet. Ich fahre wieder zu der Ecke mit der Touristen-Info, parke mein Auto und finde nach wenigen Minuten Rumlaufen einen Internet-Laden Foto dazu. Der ist zwar unterm Strich schweineteuer ($9,50 für ne Stunde), hat aber endlich eine gute Verbindung, sodass ich meine ganzen Uploads schaffe und nebenbei über Sipgate noch mit meinem Schwesterchen telefonieren kann.

Gegen 20:30 beginnt die Ladenbesitzerin, alle Tastaturen hochzustellen und die Tische abzuwischen. Als nächstes wischt sie den Boden. Ich beginne mich unerwünscht zu fühlen... was ist das hier nur für ein Land, in dem alles spätestens um 9 zu macht? Aber dank der schnellen Netzanbindung bin ich auch schon fertig, also nichts wie nach Hause und ab in die Wanne.

So eine große Badewanne kann man sich ja nicht entgehen lassen. Vorher steck ich noch meine Wäsche in die Waschmaschine und genieße dann ein kühles Bier in heißem Wasser. Die Sprudeldüsen kann ich nur kurz anmachen, da sie eine unglaubliche Menge Schaum erzeugen. Ich bin mir nicht sicher, ob das so gedacht ist oder man die nur als Massagedüsen nutzen soll, wenn keine Seife im Wasser ist. Jedenfalls ist das heutige Motelzimmer ein echter Genuss. Und der Wäschetrockner ist auch dabei. Bügelbrett und Bügeleisen gäbe es zwar auch, aber ich beschließe, das eine Hemd doch einfach nur etwas glattzustreichen und nass aufzuhängen. Ich bin schließlich im Urlaub ;-).

 

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©2004 by Harald Bögeholz