7.9., Der Nationalpark "am Wegesrand"

Nach mehr als zehn Stunden Schlaf stehe ich um 8 auf und bin immer noch nicht richtig munter. Wohl zu viel Schlaf. Nach dem Aufstehen schieße ich schnell ein paar Fotos vom schönen Bowen - viel ist nicht zu sehen - und gehe zum Frühstück in das Internet-Cafe um die Ecke, das ich gestern Abend geortet habe. Hier steht man meinem Ansinnen, meinen eigenen Rechner anstöpseln zu wollen, zwar skeptisch gegenüber, aber als ich versichere, hinterher wieder alles in Ordnung zu bringen, darf ich eine Netzwerkstrippe von einem Rechner abpflücken und in mein Notebook stecken Foto dazu. Endlich wieder Netz! Aber viel zu langsam :-(. Obwohl ich es während des Frühstücks natürlich laufen lasse, schaffe ich den Upload der paar Australien-Bilder bei weitem nicht. Und habe ein leicht schlechtes Gewissen, weil ich anscheinend mit dem Bisschen Traffic das ganze Netz hier lahmlege: Ein Australier, der versucht, in seine Webmail zu schauen, gibt nach 10 Minuten entnervt auf.

Nach einer Stunde beschließe ich, dass meine Zeit zu schade ist, auf den Upload zu warten, und mache mich auf die Socken. Direkt zwischen Internet-Cafe und Motel ist ein Friseursalon. Ein Wink des Schicksals, ich wollte doch sowieso ... Der Laden heißt Quick Cuts, und das ist es, was man hier bekommt. Färben, um Himmels Willen, nein. Und welche Länge ich denn will, 1, 2, 3 oder 4? Öh, also 12 Millimeter wären nett, hinten, und vorne etwas länger. "Sorry, we don't do millimeters here, do you want length one, two, three or four?" Nun denn, 2. Ist ja egal, wie ich aussehe, Hauptsache kurz. Die "Friseurin" hat ungefähr das Geschick und vor allem das Tempo eines Schafscherers. Paffzack ist die Matte ab, und mein Ansinnen, mir die Haare vorne ein bisschen länger und irgendwie vernünftig gerade schneiden zu lassen, sodass die sich bildenden Geheimratsecken nicht ganz so unvorteilhaft betont sind, wird im Keim erstickt. Es kostet aber auch nur 12 Dollar, das sind 7,20 Euro. Bis ich wieder zu Hause bin, ist es hoffentlich rausgewachsen ;-).

Allmählich ahnend, dass ich mich beeilen muss, fahre ich gen Süden und mache zwischendurch nur einige wenige Fotos vom Strand Foto dazu. In Proserpine halte ich kurz für ein paar Fotos und erwerbe eine CD. Mein Autoradio hat nämlich einen CD-Player, und oft kommt auf allen Sendern nur Mist. So eine Best of Dire Straits, das scheint mir die angemessene Musik für die Weiten Australiens zu sein. Obwohl es mir in der Seele weh tut, nochmal den vollen Preis für lauter Musik zu zahlen, die ich zu Hause schon habe.

Die nächste Sehenswürdigkeit in meinem Reiseführer ist der Eungella National Park. Sieht auf der Karte aus als läge er am Wegesrand; mein toller Reiseführer sagt dazu "Gelegenheit zu ausgedehnten Wildniswanderungen bietet auch der Eungella National Park, der sich westlich des Bruce Highway etwa auf halber Strecke zwischen Prosperine und Mackay erstreckt." Auf halber Strecke stimmt schon, aber dass das Ding einen fast 200 Kilometer weiten Umweg bedeutet, das hat mir keiner gesagt. Ach du Schande, ist Australien groß! Dieser Teil der Landkarte in meinem Reiseführer ist ungefähr im Maßstab 1:undendlich, jedenfalls sieht das Abstecherchen nach Eungella gänzlich anders aus, als es sich anfühlt. Dies wird wohl für heute meine Tagestour werden.

Das Spannendste am Eungella National Park ist fast die Fahrt über eine kurvenreiche Strecke in die Berge. Oben angekommen gibt es eine Auswahl an verschieden langen Wanderwegen und ich muss mich entscheiden: Allzu viel Zeit habe ich nicht, wenn ich heute Abend in Mackay übernachten möchte. Der erstbeste Wanderweg, den ich mir aussuche, führt durch dichten Regenwald und ist nach wenigen hundert Metern durch einen umgestürzten Baum versperrt. Zwar könnte man darüber klettern, aber ich nehme das als Wink des Schicksals, umzukehren. Im Prinzip macht es zwar immer wieder Spaß, durch den Regenwald zu marschieren, aber irgendwie habe ich das Gefühl, das schon gesehen zu haben Foto dazu Foto dazu.

Im weiteren Verlauf der Strecke stelle ich fest, dass hier in dem hügeligen Hochland Landwirtschaft betrieben wird und beobachte einen ganzen Schwarm dieser weißen Papageien (Kakadus?), wie er so durch die Gegend zieht. Als ich das erste Mal anhalte, sitzt er komplett auf einem Baum Foto dazu Foto dazu, später zieht er auf eine Wiese um Foto dazu. Nette Vögelchen ;-).

Am Visitor Center schaue ich mir noch einmal die Auswahl an Wanderwegen an und entscheide mich für den Wishing Pool Circuit. Der Weg dorthin ist allerdings nicht sonderlich gut ausgeschildert. Laut der Karte muss ich irgendwann links abbiegen, aber kann es wirklich diese unbefestigte Straße sein? Nachdem ich minutenlang die düstere, gewundene Schotterpiste entlang gefahren bin, denke ich, das ist es wohl nicht, und beschließe, bei nächster Gelegenheit umzukehren. Es kommt aber lange keine Gelegenheit, und plötzlich sehe ich doch ein Hinweisschild Foto dazu. Dieser winzige Trampelpfad soll es also sein Foto dazu? Ok.

Ich beginne die Wanderung gegen 16:30 und mache mir schon Sorgen, ob ich schnell genug zurück bin. Möchte ungern im Dunklen Auto fahren, zum Einen, weil mir vielfach davon abgeraten wurde wegen der Känguruhs, zum Anderen, weil ich abends erfahrungsgemäß sehr müde werde am Steuer. Aber nachdem ich nun schon einmal bis hierher ans Ende der Welt gefahren bin, will ich die Wanderung nun auch machen.

Außer mir ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen, und der Pfad ist weniger befestigt und sichtbar, als ich das von anderen Nationalparks gewohnt bin. Stellenweise habe ich sogar leichte Zweifel, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Nach einer Viertelstunde komme ich an eine T-Kreuzung. Was nun? Links oder rechts? Da hätten sie für die Touris nun wirklich mal ein Schild hinmachen können. Mir wird allmählich mulmig zumute. Zwar würde ich den Weg zurück sicherlich schon finden, aber es wäre angesichts der drohenden Dunkelheit schon doof, wenn ich mich hier im Wald verliefe. Und ein verstohlener Blick auf mein Handy zeigt mir, dass es hier auch kein Mobilfunknetz gibt. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass es nach rechts wohl zurück geht, denn vor mir ist Wasser und ich habe keinen Fluss überquert auf dem Weg hierher. Wieder eine Viertelstunde später bin ich doch irgendwie erleichtert, mein Auto wiedergefunden zu haben. Jetzt aber nichts wie nach Mackay.

Natürlich wird es unterwegs dunkel, natürlich werde ich so müde, dass ich fast am Steuer einschlafe, und trinke in Mirani, wo ich auf dem Hinweg schon einmal gehalten habe, einen Kaffee und eine Cola. Das macht wach.

Am Ortseingang von Mackay ein Motel nach dem anderen; ich fahre die Straße einmal entlang und entscheide mich dann mehr oder weniger willkürlich für das Tropical Coast Motel. Eine gute Wahl: Sie haben nur noch ein Zimmer frei, und das ist die "Luxus-Suite" für bis zu sechs Personen: Großes Doppelbett und noch ein extra Kinderzimmer mit zwei Stockbetten; das einzige Zimmer mit zwei Parkplätzen vor der Tür. Nicht, dass ich so ein großes Zimmer bräuchte. Und zu meinem Erstaunen ist im Preis von 55 Dollar sogar ein warmes Abendessen inbegriffen. Das ist zwar nichts Besonderes - ein mehr oder weniger nach nichts schmeckendes paniertes Fischstäbchen und ein bischen Gemüse - aber immerhin. Ich entdecke im Zimmer ein Bestellformular für Frühstück und ordere mir mal wieder ein deftiges Steak mit Eiern und Toast zum Frühstück. Den Abend verbringe ich mit Fotos Sortieren, Tagebuchschreiben und ein bisschen Fernsehen. Leider weit und breit kein Internet-Zugang in Sicht :-(.

 

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©2004 by Harald Bögeholz