5.9., Von Innisfail nach Townsville

Da ich heute viel vorhabe, gibts zum Frühstück mal ein Steak, dazu Eier und Toast Foto dazu. Ich glaube aber, ich muss mir das wieder abgewöhnen. Wenn ich so weiteresse, werde ich dick und rund nach Hause kommen. Es regnet in Strömen Foto dazu, was nicht verwunderlich ist, denn dies ist eine der feuchtesten Gegenden Australiens. Laut meinem Reiseführer fällt in Tully, einige zig Kilometer südlich von hier und auf meiner heutigen Route, der meiste Regen: 7800 mm im Jahr. Der tropische Regenwald heißt nicht ohne Grund so.

Heute will ich bis nach Townsville kommen und überlege, was es am Wegesrand wohl alles zu sehen gibt. Allzu viel gibt mein Reiseführer nicht her; ein Zuckermuseum und hier und da ein Wasserfall. Der Mensch vom Hotel hat mir einen Park namens !!! empfohlen, aber ich bin skeptisch. Irgendwie steht in dem Prospekt nichts drin, was mich wirklich interessieren würde.

So fahre ich denn gen Süden und schaue mir gegen 9:30 das Zuckermuseum an Foto dazu. In einem Video erfahre ich unter anderem, dass die Schmalspur-Einsenbahnschienen, die man hier alle Naselang sieht, keine Spielsachen, sondern tatsächlich die Haupttransportwege für den Zucker sind, und das schon seit 100 Jahren.

Statt anschließend direkt nach Tully zu fahren, entscheide ich an einer Kreuzung spontan, einen Abstecher über Mission Beach zu machen. In dem kleinen Dörfchen nehme ich einen Cappucino, besichtige kurz den weitgehend menschenleeren Strand Foto dazu und fahre dann weiter. Wenige Kilometer später häufen sich die Warnschilder über "Cassowaries" Foto dazu; den Bildern zufolge anscheinend ziemlich große Laufvögel. Dies hier scheint ein Schutzgebiet zu sein; jedenfalls soll man langsam fahren. Ich biege in einen Waldweg ein, weil hier wieder mal ein "Rainforest Walk" ausgeschildert ist. Wer weiß, vielleicht kriegt man ja die Viecher tatsächlich zu sehen?

Das zwar nicht, aber der Abstecher hat sich gelohnt. Zum einen macht es mir Spaß, einfach nur ganz ruhig und möglichst leise in diesem Regenwald herumzulaufen, die Geräusche zu hören und mir die Vegetation anzuschauen. Das Besondere an diesem Waldstück ist den Schildern zufolge eine bestimmte Sorte Palmen mit großen, fächerförmigen Blättern Foto dazu. Sie bilden in einiger Höhe ein ziemlich schönes Dach, sodass ich fast vollständig trocken bleibe mit meiner Kamera, obwohl es "draußen" mal wieder regnet.

In einiger Entfernung höre ich immer wieder ziemlich lautes Vogelgeschrei, kann aber nichts sehen. Der Trampelpfad umkreist die betreffende Stelle weiträumig, und endlich erhasche ich in leider recht großer Entfernung einen Blick auf einen (abgestorbenen?) Baum, auf dem sich lauter weiße Papageien(?) tummeln Foto dazu. Sie klettern munter auf und nieder, fliegen von Ast zu Ast und machen dabei den Radau, den ich schon von weitem gehört habe. Dass sie einen großen, gelben Federkamm haben und eigentlich ziemlich ähnlich aussehen wie Nymphensittiche, kann ich erst später auf den Fotos erkennen. Wenn es schon keine Cassowaries waren, so habe ich also doch immerhin Vögelchen in freier Wildbahn gefunden.

In Tully halte ich noch einmal kurz an der Zuckerfabrik an Foto dazu Foto dazu. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, sie zu besichtigen; habe irgendwo gelesen, dass das geht. Aber dann denke ich mir, dass ich eigentlich noch nicht weit gekommen bin auf meiner Etappe nach Townsville und mir eher nach Natur zumute ist, und fahre weiter. Die Wolken hängen tief über den Bergen, und es regnet immer wieder Foto dazu.

Auf der Strecke nach Townsville liegen laut meinem Reiseführer mehrere Nationalparks. Der größte Wasserfall weit und breit scheinen die Wallaman Falls zu sein, die 48 km westlich von Ingham liegen und nur über eine unbefestigte Straße zu erreichen sind. Im weiteren Verlauf weist mein Reiseführer noch zwei weitere Nationalparks aus, wo es schöne Aussichtspunkte und Wasserfälle geben soll. Darüber denke ich so nach, während ich Richtung Ingham fahre und zwischendurch an einem Aussichtspunkt noch einmal anhalte, um den Blick auf die Insel(n?) zu genießen.

Als ich Ingham erreiche, ist es schon nach 15 Uhr, und ich biege spontan auf den Highway in Richtung Townsville ein - für die Wallaman Falls ist wohl keine Zeit mehr. Ein paar hundert Meter später überlege ich es mir anders: Wolln doch erst mal sehen, wie schlecht die Straße eigentlich ist. Unbefestigte Straßen darf ich mit dem Mietwagen eigentlich nicht fahren, das steht so im Mietvertrag. Aber mal schauen wird man ja noch dürfen ;-).

Die ersten Kilometer lang ist die Straße dann auch ganz normal asphaltiert und verläuft zwischen großen Zuckerrohrfeldern. Dann weicht sie aber doch einer unbefestigten, die aber sehr gut in Schuss ist, sodass ich beschließe, noch ein bisschen weiterzufahren. Das erste Känguruh, dem ich begegne, ist ein totes; es liegt mitten auf der Straße. Doch schon weniger hundert Meter weiter hoppelt ein lebendiges über die Straße Foto dazu; ich zücke schnell die Kamera, und es wartet freundlicherweise noch schnell, bis ich es fotografiert habe Foto dazu.

Die Straße wird immer enger und schlängelt sich immer abenteuerlicher den Berg hoch Foto dazu, zumal ich später vereinzelt in die Wolken gerate und das Ganze streckenweise einen ziemlich rutschigen Eindruck macht. Allein schon diese Straße hochzufahren, macht großen Spaß; vielleicht ist es auch ein bisschen der Reiz des Verbotenen. Wie befürchtet, brauche ich für die Strecke von Ingham zum Wasserfall ungefähr eine Stunde, wobei ich angesichts der Straßenverhältnisse recht zügig gefahren bin.

Den Wasserfall hatte ich mir anhand der Beschreibung beeindruckender vorgestellt Foto dazu. Er ist zwar sehr hoch, führt aber zurzeit nicht allzu viel Wasser. Kühl ist es hier oben: 16,5 Grad hat das Thermometer in meinem Auto angezeigt. Ich steige noch kurz 300 Meter weiter zu einer kleinen Aussichtsplattform herunter und sehe dann zu, dass ich wieder wegkomme, denn ich will unbedingt noch Townsville erreichen. Alle weiteren Attraktionen auf dem Weg sind somit gestrichen.

Nachdem ich eine Stunde später wieder auf dem Highway bin, zieht sich die Fahrerei doch endlos in die Länge. Alle halten sich ziemlich genau an die Geschwindigkeitsbegrenzung, sodass ich einfach immer nur mit konstanter Geschwindigkeit und konstantem Abstand hinter meinem Vordermann geradeaus fahre. Die Sonne geht unter, und mich überkommt eine bleierne Müdigkeit. 25 km vor Townsville, als ich wirklich schon überlege, ob ich auf offener Straße anhalten muss, um nicht einzuschlafen, sehe ich ein Schild, dass rechts ein Rastplatz sein soll, und biege ab.

Eine Halluzination? Es ist stockfinster, kein Parkplatz, kein Toilettenhäuschen oder dergleichen in Sicht. 100 Meter die Straße hinein sehe ich zu meiner Linken ein erleuchtetes Gebäude, doch wie dort hinkommen? Es ist alles eingezäunt. Irgendwie finde ich doch einen Weg durch das Labyrinth, sehe noch aus dem Augenwinkel ein Schild, auf dem Community Center oder so steht.

Als ich aussteige und in Richtung Licht gehe, werde ich von einem freundlichen Australier mit Gitarre in Empfang genommen, auch zwei, drei andere Leute schütteln mir erfreut die Hand. Anscheinend bin ich in eine Kirchengemeinde geraten: Die "Blue Water Church" heißt mich begeistert in ihren Reihen willkommen und lädt mich ein, an ihrem Gottesdienst teilzunehmen, mit dem sie gerade beginnen wollen. Äh, öh, na ja, eigentlich hatte ich mir zwar eine Tasse Kaffee vorgestellt, aber wenn es, wie der freundliche Australier so schön sagt, der Wille Gottes ist, dann bleib ich halt einen Moment hier, bis ich wieder wach bin.

Ich komme mir schon ein bisschen fehl am Platze vor, während die kleine, aus etwa 15 Leuten bestehende Kirchengemeinde begeistert zur Gitarre miteinander singt und in die Hände klatscht, Gott für alles mögliche dankt und insbesondere dafür, dass Harold heute bei ihnen ist. Nachdem alle reihum einmal laut ihr Gebet gesprochen haben, kratze ich die Kurve, bevor weiter gesungen wird. Das ist irgendwie nicht ganz das Richtige hier für mich; immerhin bin ich jetzt auch ohne Kaffee wieder wach.

Townsville ist eine Nummer größer als Cairns; ich folge den Schildern Richtung City, und als keine mehr kommen, schließe ich daraus, dass hier wohl die City sein muss. Aber irgendwie wirkt die Stadt ausgestorben; kein Vergleich zu Cairns, wo der Stadtkern voller Touristen ist und ein Restaurant sich an das andere reiht. Hier ist irgendwie alles zu, und ich kehre spontan im "Downtown Motel" ein; habe Glück, dass ich vor 8 da bin, denn um 8 schließt die Rezeption. Ein paar Restaurants haben doch noch geöffnet, aber ich bin schon erstaunt: Was ist denn das für eine Stadt, wo Sonntagabends der McDonald's vor 9 zumacht? In Molly Malones Irish Pub schräg gegenüber von meinem Motel bekomme ich ein zwar nicht besonders gutes, aber reichliches und mit $6,60 erstaunlich billiges Abendessen; das Pint Kilkenny, das ich dazu trinke, kostet $6,50 ;-).

Mir ist nicht nach Gesellschaft zumute, und ich versuche in meinem Motelzimmer noch, Tagebuch zu schreiben, schlafe aber immer wieder über der Tastatur ein. Der Tag war wohl doch anstrengender, als ich dachte.

 

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©2004 by Harald Bögeholz