2.9., Guten Morgen, Australien

Als ich morgens um 6 aus dem Flieger steige, bin ich doch ziemlich kaputt. Nicht nur habe ich wenig geschlafen, die Nacht war auch eine Stunde kürzer, denn ich bin wieder in einer anderen Zeitzone. Ab sofort bin ich 8 Stunden vor deutscher Zeit; wenn Ihr also um Mitternacht ins Bett geht, stehe ich gerade morgens um 8 auf (ähem, schaun wir mal).

Mit der Einfuhr von Lebensmitteln nehmen es die Australier anscheinend sehr genau. Schon im Flugzeug gab es dazu ein ausführliches Video und wir mussten einen Fragebogen ausfüllen. Nach der Passkontrolle wird das Gepäck noch einmal durchleuchtet, um zu schauen, ob ich nicht doch ein totes Huhn einschmuggle. Oder ein lebendiges gar.

Ich habe keinerlei Lebensmittel bei mir, daher habe ich überall nein angekreuzt auf dem Fragebogen. Als mich aber dann vor der Röntgenschleuse ein Beamter noch einmal eindringlich fragt, ob ich mir denn da ganz sicher bin und ich nicht vielleicht doch irgendeinen Keks oder ein Stück Schokolade vergessen habe, fällt mir ein, dass ich ja zwei Packungen Miso bei mir habe, die ich bei meinem Besuch der Miso-Fabrik geschenkt bekommen habe. Miso könnte man im weitesten Sinne als Lebensmittel bezeichnen, also beichte ich. Das ist OK, sagt der Beamte gottseidank.

Nach der Schleuse werde ich herausgewunken und soll meine große Reisetasche öffnen. Ob das jetzt eine Schikane dafür ist, dass ich das mit dem Miso nicht von vornherein deklariert habe? Angeblich war meine Tasche so dick, dass sie nicht durchleuchtet werden konnte. Jedenfalls zieht sich der Beamte ein Paar Gummihandschuhe an (!) und packt tatsächlich meine ganze schöne große Reisetasche aus. Scheinbar besonders sorgfältig; sogar die Bücher blättert er durch. Aber anscheinend doch nicht recht bei der Sache, denn er fragt mich hinterher, wo denn nun das Miso sei. Ich zeige ihm die Tüte, die er eigenhändig aus der Tasche genommen und beiseite gelegt hat. So viel zu den Einfuhrkontrollen in Australien. Einpacken tu ich lieber selber, denn er ist drauf und dran, mein System durcheinanderzubringen, nach dem ich auf der einen Seite der Tasche die saubere und auf der anderen die schmutzige Wäsche einsortiert habe. Zum Abschluss schärft mir noch ein weiterer Beamter ein, dass ich, falls ich je nochmal nach Australien einreisen möchte, unbedingt Ja ankreuzen muss bei der Frage nach den Lebensmitteln, wenn ich Miso bei mir habe. Ich werde es mir merken.

Mittlerweile ist die Sonne aufgegangen, und ich nehme mein Auto in Empfang Foto dazu. Zu meiner Überraschung hat es ein Schaltgetriebe; das hätt ich bei einem Mietwagen nicht erwartet. Nachdem ich mich mental noch einmal gründlich darauf vorbereitet habe, auf der linken Straßenseite zu fahren, gehts los nach Cairns. Das Linksfahren an sich ist kein Problem; ich fahre sogar tendenziell fast zu weit links, weil ich den neuen Blickwinkel noch nicht recht gewöhnt bin, den man vom Fahrersitz auf der rechten Seite hat. Aber das Schalten mit der linken Hand, das will noch überhaupt nicht klappen. Bin ich froh, dass ich niemanden im Auto habe, der mich auslachen oder meinen Führerschein in Frage stellen würde; schon lange nicht mehr habe ich mich so oft verschaltet: Vom ersten direkt in den vierten Gang oder als ich vom vierten zurück will, erwisch ich auch mal den ersten... das üben wir noch.

Die freundliche Australierin am Avis-Schalter hat mir zum Frühstück einen Laden namens La Pizza empfohlen, weil es dort vernünftigen Kaffee gebe. Er liegt direkt an der Strandpromenade, und ich folge der Empfehlung gerne Foto dazu. Um 7 Uhr morgens ist hier noch nicht allzu viel los, aber La Pizza hat schon offen, und ich bestelle mir das "full breakfast": Toast, Eier, Bohnen, Speck... und einen Cappucino. Japan-verwöhnt muss ich sagen, dass der Service hier doch etwas langsam ist. Als der Cappucino kommt, bitte ich um ein Glas Wasser, aber es kommt und kommt nicht. Als ich 10 Minuten später schon nachfragen will, bringt sie es dann doch endlich. Ich bin mir sicher, dass das in Japan keine Minute gedauert hätte. Abgesehen davon, dass ich in Japan sowieso von vornherein ein Glas Wasser hingestellt bekommen hätte. Und überhaupt. Keine Miso-Suppe. Kein Reis. Essen mit Messer und Gabel und keine seltsamen schwarzen, grünen und braunen Überraschungen ... ich glaube, ich habe schon Heimweh nach Japan. Aber ein richtiger Cappucino. Mit aufgeschäumter Milch, ein bisschen Kakaopulver obendrauf und in ener schönen, großen Tasse. Japanisches Frühstück mit italienischem Cappucino, das wärs.

Nach dem Frühstück schlendere ich noch ein bisschen die Strandpromenade Foto dazu auf und ab und fotografiere die Vögel Foto dazu Foto dazu Foto dazu. Das Wetter ist schön: Klarer Himmel, schon jetzt ungefähr 23 Grad. Ich spüre die Sonne schon deutlich; ob ich wohl mitten in der Nacht schon Sonnencreme brauche? Aber eine bleierne Müdigkeit schleicht durch meine Knochen. Ich steige daher in mein Auto und kurve einfach ein bisschen durch die Gegend, die Straßen von Cairns auf und ab. Das macht mich auch nicht wacher, sodass ich beschließe, mir doch schon jetzt eine Bleibe zu suchen. An einer der Ausfallstraßen von Cairns halte ich spontan (in Richtung stadteinwärts) am Compass Motel und frage, was ein Zimmer hier kostet. 59 Dollar klingt ok; das sind so um die 36 Euro, mal schauen, was man dafür kriegt. Die freundliche Landlady fragt mich, was ich in Cairns vorhabe, aber ich weiß es noch nicht wirklich. Wenn ich irgendwelche Hilfe brauche, soll ich mich melden. Ja, natürlich, dankeschön.

Ich bin angenehm überrascht. Das Zimmer ist ungefähr so groß wie mein Wohnzimmer in Hannover, wenn nicht größer, und hat auf den ersten Blick alles, was man so braucht. Kühlschrank, Klimaanlage, Fernseher, Wasserkocher, Toaster, Fön, Handtücher... Ich mache die Klimaanlage an, falle auf das Bett und schlafe drei Stunden lang. War wohl nötig.

Nach einer Dusche fühl ich mich ausgeschlafen und studiere erst einmal eine Weile meinen Reiseführer. Außerdem gab es am Flughafen und bei Avis jeweils eine Broschüre mit allerlei Aktivitäten in Cairns - wo soll man da nur anfangen? Nach reiflicher Überlegung denke ich, dass eine Bootsfahrt zum Great Barrier Reef wohl obligatorisch ist. Kuranda klingt auch nett - ein kleines Dorf in den Bergen, eine knappe Autostunde entfernt -, aber es ist wohl schon ein bisschen spät dafür. Mal schauen.

Ich schaue an der Rezeption vorbei, sage Bescheid, dass ich eine weitere Nacht bleiben möchte und frage nach einer Bootsfahrt zum Riff. Sie empfiehlt mir spontan eine, legt mir aber noch fünf weitere Prospekte vor. Keine Ahnung, was man da nehmen soll; der erste Vorschlag ist mit 60 Dollar am billigsten und klingt so, als hätte er alles, was man braucht. Zumal die Rede von einem Glasbodenboot ist und ich denke, dass ich eh nicht schwimmen kann mit meiner Schulter. Sie ruft freundlicherweise für mich dort an und bucht den Ausflug.

Ich spüre einen kleinen Hunger und fahre mit dem Auto die Ausfallstraße entlang. Das Straßenbild erinnert sehr an Amerika: Autohändler, andere größere Geschäfte und immer mal wieder ein Parkplatz mit kleineren Geschäften drumrum Foto dazu. Das Bestellen eines Sandwitchs bei Subway ist ebenso "mühsam" wie in Amerika, da man zwischen fünf verschiedenen Sorten Brot und 20 Zutaten auswählen muss - was weiß denn ich, was gut zusammen schmeckt. Ich wünschte, sie hätten ein Default-Sandwich ;-).

Nach meinem "zweiten Frühstück" ist es schon fast 16 Uhr - ob es sich wohl noch lohnt, nach Kuranda zu fahren? Wegen der Stadt wahrscheinlich nicht, weil alle Touri-Aktivitäten schon geschlossen haben werden. Aber es soll eine landschaftlich schöne Strecke sein, daher fahre ich trotzdem los. In der Tat windet sich die Straße in Serpentinen den Berg hoch und man hat zwischendurch immer wieder eine schöne Aussicht auf das Meer und nach Cairns rüber Foto dazu. Direkt vor Kuranda registriere ich aus dem Augenwinkel ein Schild "Barron Falls" und merke mir das für nachher vor.

Kuranda ist wie erwartet eine Geisterstadt Foto dazu. Alle möglichen Touri-Geschäfte, Vogelpark und, und, und, machen alle um 16 Uhr, spätestens um 16:30 zu. So einen Vogelpark hätt ich vielleicht gerne mal besichtigt, aber andererseits bestaune ich immer noch all die Vogelarten, die man so in freier Wildbahn zu sehen bekommt. Nach 10 Minuten glaube ich alles gesehen zu haben und fahre der Beschilderung Richtung Barron Falls nach.

Das lohnt sich: Vom Parkplatz aus führt ein Pfad durch den Regenwald Foto dazu zu einem Aussichtspunkt, wo man den Wasserfall Foto dazu Foto dazu sehen kann, der allerdings zurzeit nicht allzu viel Wasser führt; der soll an anderen Tagen spektakulärer sein. Hier führt auch die Bahnlinie lang, die mein Reiseführer mir empfohlen hat, unbedingt zu benutzen, und auch die Seilbahn kann man sehen, ebenfalls ein "Muss". Ich bin aber auch ohne Bahn und Seilbahn zufrieden, hier ganz einsam im Wald die Sonne über den Baumwipfeln untergehen zu sehen und den Wasserfall zu betrachten. Und das komische Vogelviech, das hier auf und ab stolziert Foto dazu; leider kriege ich aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse kein scharfes Foto mehr hin. Hätte vielleicht blitzen sollen.

Auf der Heimfahrt wirds schon ziemlich duster, und ich erinnere mich an die Warnung meines Reiseführers, nicht bei Nacht zu fahren. Halte daher besonders aufmerksam Ausschau nach irgendwelchen Tieren auf der Fahrbahn, begegne aber keinen.

Cairns ist abends um 19:30 ein typisches Touristenstädchen: Die Restaurants haben Hochkonjunktur, und die Leute flanieren an den großteils geöffneten Geschäften entlang. Mitten auf einer großen Straße staune ich über einen total laut zwitschernden Baum. Er klingt als wäre er voller Vögel, aber ich kann im Dunklen nichts erkennen. Erst auf den Fotos, die ich mit Blitz gemacht habe, sehe ich später, dass der ganze Baum tatsächlich voller Papageien hockt Foto dazu.

Die Suche nach einem Internet-Zugang ist mühsam. Hier gibt es zwar ein Internet-Cafe nach dem anderen, aber keines ist drauf eingestellt, mich mein eigenes Notebook ans Netz stecken zu lassen. Einer bietet mir doch ernsthaft an, ich könne mich bei ihm über Modem einwählen, ist denn das zu fassen? Ungefähr der vierte Laden hat dann einen freien Platz mit Netzwerkstrippe, aber das Netz ist tot. Jedenfalls gibts kein DHCP, und ich habe nicht vor, hier anderer Leute Netzwerke zu debuggen. Also weiter ... schließlich finde ich einen Laden, der zwar etwas teurer ist als die anderen, aber der mich völlig zwanglos das Netzwerkkabel von einem der dortigen Rechner abziehen und in mein Notebook stecken lässt.

Leider hat Peter den SSH-Zugang mit Passwort wieder dichtgemacht, und ich hab immer noch keinen Public Key. Ich kann also den Upload der Fotos nicht fortsetzen. Inzwischen hat Yamasa meinen FTP-Zugang freigeschaltet: Unter harald.yamasa.org darf ich also jetzt meine Bilder ablegen. Aber schon wieder die vollen 430 MByte durchs Netz schieben, das würde ja ewig dauern. Ich uploade dort versuchsweise mal den 23.8., was allein fast schon eine Stunde in Anspruch nimmt, und gehe dann gefrustet offline. Alles blöde Baustellen, und ich denke mir, ich bin nicht in Australien, um mich mit doofen Computerproblemen rumzuschlagen.

Hoffe aber, dass ich all die vielen Fotos bald nachreichen kann. Schaut mal in das Gästebuch, vielleicht hat Peter dort schon was reingeschrieben bezüglich der Fotos.

 

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©2004 by Harald Bögeholz