14.8., Ich fühle mich stark heute

Heute fühle ich mich um 8:30 ziemlich ausgeschlafen, nachdem um 6:30 kurz, Ihr wisst schon :-). Ich kann auch nicht mehr liegen; der peinkiraa hat über Nacht seine Wirkung vollständig eingebüßt, wenn er denn überhaupt eine hatte. Ich kann nicht recht einschätzen, ob mir gestern Abend die Schulter nur deswegen weniger weh getan hat, weil ich abgelenkt war, oder ob das Pflaster wirklich was genützt hat. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Ich gehe mal wieder zu Denny's und gönne mir ein großes japanisches Frühstück, diesmal nicht mit Lachs, sondern mit einem anderen Fisch Foto dazu (kenn mich mit Fischen nicht sonderlich gut aus; keine Ahnung, was das ist - Forelle?). Schmeckt auch sehr lecker, ich hab nur nicht den blassesten Schimmer, wie man so einen Fisch vornehm mit Stäbchen essen soll. Mir fällt nichts besseres ein, als ihn mit der linken Hand am Kopf festzuhalten. Dann kann er nicht mehr abhauen, und ich kann mit den Stäbchen das Fleisch abpflücken. Beim Bestellen habe ich kurz mit mir gehadert, ob ich doch noch einmal Natto probieren will, mich aber dagegen entschieden.

Gestern habe ich alle Verben aus meinem Buch rausgeschrieben, die noch nicht sicher sitzen, was immerhin nur 29 sind. Die wiederhole ich beim und nach dem Frühstück.

Zurück im Wohnheim vergeht die Zeit wie im Fluge am PC. Allmählich wird mein Webspace voll. Da ich gestern wieder ein paar mehr Fotos gemacht habe, muss ich heute einige ältere Galerien komplett löschen (zuvor hatte ich die Thumbnails stehen gelassen und nur die großen Bilder gelöscht). Bald wird auch das nicht mehr reichen, was mach ich dann nur? Einfach die schlechten Fotos löschen und nur die guten übrig lassen? Aber das wäre eine Heidenarbeit. Na ja, ein bis zwei Tage hab ich ja noch.

Nebenbei beschließe ich, mich nun doch einmal um ein anständiges Backup meiner bisherigen Fotos zu kümmern. Ich habe extra den Server zu Hause am Laufen, um die Bilder dorthin zu kopieren, damit sie bei Beschädigung oder Verlust meines Notebooks in Sicherheit sind. Wegen der @$$%** Internet-Verbindung hier ist es mir aber schon ewig nicht gelungen, ein komplettes Directory mit pscp zu uploaden. Also muss rsync her.

Eigentlich kein Problem, aber bis ich recherchiert habe, dass man dazu eigentlich nur Cygwin zu installieren braucht, Cygwin tatsächlich installiert habe, eine halbe Stunde lang über der man-Page von rsync gebrütet und eine Viertelstunde lang erfolglos der Frage nachgegangen bin, warum das doofe ssh als Homedirectory auf einem Verzeichnis besteht, das es gar nicht gibt und das ich auch nicht gewillt bin anzulegen, da könnte ja jeder kommen, hat es doch eine ganze Weile gedauert. Ein PC ist eine unglaubliche Zeitverschwendung, das muss ich immer wieder feststellen. Immerhin uploade ich jetzt mein Backup nach Hause, ärgere mich zwar immer noch, dass die Internet-Verbindung andauernd zusammenbricht, kann aber immerhin das rsync einfach immer wieder starten. Eines Tages werden alle Bilder in Sicherheit sein, noch 700 MByte ...

Jetzt aber lernen. Gegen 13 Uhr gehe ich runter in den Aufenthaltsraum, lerne ein bisschen, spiele ein bisschen Klavier, mache eines von drei Blättern Hausaufgaben, spiele noch ein bisschen Klavier, lerne noch ein bisschen und beschließe dann gegen 15:30, dass ich jetzt Go spielen darf. Vorher gibts noch schnell ein paar Sushi und kalten grünen Tee aus dem Mini-Stop.

Im Go-Salon ist eine gerade Anzahl von Spielern (acht, um genau zu sein), und gerade fangen zwei eine neue Partie an. Ich schaue also zu. Eine Vorgabepartie mit 6 Steinen hätte ich nicht erwartet; ich dachte, hier sind alle Dan-Spieler. Oder sollte Weiß tatsächlich 7 Dan sein? Die Partie wird im Mittelspiel so kompliziert, dass ich fast vom Zuschauen schon Kopfweh kriege. Eine andere Partie endet, einer geht und der andere schaut auch zu. Ich überlege kurz, ob ich ihn um eine Partie bitten soll, finde diese aber so spannend, dass ich es erst einmal lasse.

Nach einer Weile kommt der Besitzer des Ladens rein und fragt mich (glaube ich), ob ich spielen will. Im Prinzip gerne, aber vielleicht erst, wenn diese Partie hier zu Ende ist, möchte ich gerne sagen, aber irgendwie passen die gerade gelernten japanischen Verben alle nicht auf diese Situation. Er berät sich kurz mit den anderen anwesenden Spielern, erzählt ihnen anscheinend, dass ich schonmal da war, kann den einzelnen Zuschauer aber wohl nicht motivieren, mit mir zu spielen. Also bietet er mir selbst eine Partie an. Da kann ich natürlich nicht Nein sagen, werfe aber während der Eröffnung immer wieder verstohlene Blicke aufs Nachbarbrett ;-).

Zu meiner Überraschung bekomme ich keine Vorgabesteine, sondern nur Schwarz. Muss ich also letztes Mal doch einen gewissen Eindruck hinterlassen haben, obwohl ich verloren habe. Nun ja, dann los. Die Partie verläuft glaube ich ganz ausgeglichen, bis ich feststellen muss, dass mir ein sicher geglaubtes Gebiet plötzlich abhanden gekommen ist. Statt sinnloser Verteidigung nutze ich die Initiative und stürze mich in eine seiner Ecken; er ist anscheinend überrumpelt und lässt mich größer leben, als er dachte. Später verrechnet er sich bei einem Semeai (ich weiß nicht, ob er gerechnet hat; mir wars zu kompliziert und ich habe mich auf mein Gefühl verlassen und erst dann gesehen, dass ich gewinne, als die Freiheiten 5:4 standen) und verliert ca. 15 Steine. Wir spielen bis zuende und ich gewinne mit 38 Punkten. Das freut mich irgendwie, weil ich eigentlich nicht mit einem Sieg hätte rechnen dürfen. Der Gegner nennt sich hier Shodan, da hab ich wohl ein Riesenglück gehabt :-). Obwohl ich weiß, dass eine einzelne Partie noch gar nichts aussagt, fühle ich mich trotzdem irgendwie stark heute, hat Spaß gemacht!

Mittlerweile ist es 19:30, und ich erinnere mich an mein Versprechen, das Go-Spielmaterial zurück in die Bar zu bringen, wo es hingehört. Eigentlich hätt ich das schon gestern tun sollen, aber da war ja das Musikprogramm, sodass ich mir dachte, dass es eh sinnlos ist. Ich verabschiede mich also, werde noch ermutigt wiederzukommen und fahre heimwärts. Die Bar liegt auf dem Weg ins Wohnheim, sodass ich kurz vorbeischaue, obwohl ich das Spielmaterial nicht bei mir habe. Zu meiner Überraschung hat sie gar nicht offen. Was nun? Zurückradeln und noch ne Partie spielen? Aber ich habe gerade schon drei Stunden angestrengt aufs Brett gestarrt, erst auf eine andere Partie, dann auf meine eigene, ach nein, es genügt für heute. Also zurück ins Wohnheim.

Dort frickle ich noch ein bisschen an meinem rsync rum, schreibe diese Zeilen und treffe zwischendurch im Aufenthaltsraum Henrik, Annegret und Gary, die gerade Pfannkuchen gebacken und einen übrig haben. Da sag ich nicht nein, das reicht mir dann auch wohl schon zum Abendessen.

Ich merke deutlich, dass ich so gut wie überhaupt keine körperliche Bewegung habe hier; das bisschen Fahrradfahren auf der Affenschaukel kann man nicht wirklich zählen, da die Entfernungen nicht wirklich groß sind und ich mich in der Hitze nur ganz, ganz vorsichtig fortbewege. Seit dem Unfall noch vorsichtiger. Und mein Körper scheint sich an den Bewegungsmangel anzupassen und will weniger zu essen haben. Hätte ich so einen Hunger und Lebenswandel wie in Hannover, dann würde ich jeden Abend ein anderes Restaurant ausprobieren hier. So kommt es immer häufiger vor, dass der Nachmittagssnack irgendwie ausreicht. Oder ich abends nur eine Kleinigkeit aus dem Mini-Stop esse.

Das heutige Schriftzeichen auf meinem Telefon hatte ich übrigens bisher immer als ± gelesen und mich gefragt, was die wohl in Japan mit Plus/Minus 9 Uhr PM meinen. Jetzt seh ich klarer, heute ist einfach nur Samstag, der Tag der Erde :-).

 

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©2004 by Harald Bögeholz