Heute fühle ich mich um 8:30 ziemlich ausgeschlafen, nachdem
um 6:30 kurz, Ihr wisst schon :-). Ich kann auch nicht mehr liegen;
der peinkiraa hat über Nacht seine Wirkung
vollständig eingebüßt, wenn er denn überhaupt
eine hatte. Ich kann nicht recht einschätzen, ob mir gestern
Abend die Schulter nur deswegen weniger weh getan hat, weil ich
abgelenkt war, oder ob das Pflaster wirklich was genützt hat.
Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.
Ich gehe mal wieder zu Denny's und gönne mir ein großes
japanisches Frühstück, diesmal nicht mit Lachs, sondern mit
einem anderen Fisch (kenn mich mit Fischen nicht sonderlich gut aus;
keine Ahnung, was das ist - Forelle?). Schmeckt auch sehr lecker, ich
hab nur nicht den blassesten Schimmer, wie man so einen Fisch vornehm
mit Stäbchen essen soll. Mir fällt nichts besseres ein, als
ihn mit der linken Hand am Kopf festzuhalten. Dann kann er nicht mehr
abhauen, und ich kann mit den Stäbchen das Fleisch
abpflücken. Beim Bestellen habe ich kurz mit mir gehadert, ob ich
doch noch einmal Natto probieren will, mich aber dagegen
entschieden.
Gestern habe ich alle Verben aus meinem Buch rausgeschrieben, die
noch nicht sicher sitzen, was immerhin nur 29 sind. Die wiederhole ich
beim und nach dem Frühstück.
Zurück im Wohnheim vergeht die Zeit wie im Fluge am PC.
Allmählich wird mein Webspace voll. Da ich gestern wieder ein
paar mehr Fotos gemacht habe, muss ich heute einige ältere
Galerien komplett löschen (zuvor hatte ich die Thumbnails stehen
gelassen und nur die großen Bilder gelöscht). Bald wird
auch das nicht mehr reichen, was mach ich dann nur? Einfach die
schlechten Fotos löschen und nur die guten übrig lassen?
Aber das wäre eine Heidenarbeit. Na ja, ein bis zwei Tage hab ich
ja noch.
Nebenbei beschließe ich, mich nun doch einmal um ein
anständiges Backup meiner bisherigen Fotos zu kümmern. Ich
habe extra den Server zu Hause am Laufen, um die Bilder dorthin zu
kopieren, damit sie bei Beschädigung oder Verlust meines
Notebooks in Sicherheit sind. Wegen der @$$%** Internet-Verbindung
hier ist es mir aber schon ewig nicht gelungen, ein komplettes
Directory mit pscp zu uploaden. Also muss rsync her.
Eigentlich kein Problem, aber bis ich recherchiert habe, dass man
dazu eigentlich nur Cygwin zu installieren braucht, Cygwin
tatsächlich installiert habe, eine halbe Stunde lang über
der man-Page von rsync gebrütet und eine Viertelstunde lang
erfolglos der Frage nachgegangen bin, warum das doofe ssh als
Homedirectory auf einem Verzeichnis besteht, das es gar nicht gibt und
das ich auch nicht gewillt bin anzulegen, da könnte ja jeder
kommen, hat es doch eine ganze Weile gedauert. Ein PC ist eine
unglaubliche Zeitverschwendung, das muss ich immer wieder feststellen.
Immerhin uploade ich jetzt mein Backup nach Hause, ärgere mich
zwar immer noch, dass die Internet-Verbindung andauernd
zusammenbricht, kann aber immerhin das rsync einfach immer wieder
starten. Eines Tages werden alle Bilder in Sicherheit sein, noch
700 MByte ...
Jetzt aber lernen. Gegen 13 Uhr gehe ich runter in den
Aufenthaltsraum, lerne ein bisschen, spiele ein bisschen Klavier,
mache eines von drei Blättern Hausaufgaben, spiele noch ein
bisschen Klavier, lerne noch ein bisschen und beschließe dann
gegen 15:30, dass ich jetzt Go spielen darf. Vorher gibts noch schnell
ein paar Sushi und kalten grünen Tee aus dem Mini-Stop.
Im Go-Salon ist eine gerade Anzahl von Spielern (acht, um genau zu
sein), und gerade fangen zwei eine neue Partie an. Ich schaue also zu.
Eine Vorgabepartie mit 6 Steinen hätte ich nicht erwartet; ich
dachte, hier sind alle Dan-Spieler. Oder sollte Weiß
tatsächlich 7 Dan sein? Die Partie wird im Mittelspiel so
kompliziert, dass ich fast vom Zuschauen schon Kopfweh kriege. Eine
andere Partie endet, einer geht und der andere schaut auch zu. Ich
überlege kurz, ob ich ihn um eine Partie bitten soll, finde diese
aber so spannend, dass ich es erst einmal lasse.
Nach einer Weile kommt der Besitzer des Ladens rein und fragt mich
(glaube ich), ob ich spielen will. Im Prinzip gerne, aber vielleicht
erst, wenn diese Partie hier zu Ende ist, möchte ich gerne sagen,
aber irgendwie passen die gerade gelernten japanischen Verben alle
nicht auf diese Situation. Er berät sich kurz mit den anderen
anwesenden Spielern, erzählt ihnen anscheinend, dass ich schonmal
da war, kann den einzelnen Zuschauer aber wohl nicht motivieren, mit
mir zu spielen. Also bietet er mir selbst eine Partie an. Da kann ich
natürlich nicht Nein sagen, werfe aber während der
Eröffnung immer wieder verstohlene Blicke aufs Nachbarbrett
;-).
Zu meiner Überraschung bekomme ich keine Vorgabesteine,
sondern nur Schwarz. Muss ich also letztes Mal doch einen gewissen
Eindruck hinterlassen haben, obwohl ich verloren habe. Nun ja, dann
los. Die Partie verläuft glaube ich ganz ausgeglichen, bis ich
feststellen muss, dass mir ein sicher geglaubtes Gebiet plötzlich
abhanden gekommen ist. Statt sinnloser Verteidigung nutze ich die
Initiative und stürze mich in eine seiner Ecken; er ist
anscheinend überrumpelt und lässt mich größer
leben, als er dachte. Später verrechnet er sich bei einem Semeai
(ich weiß nicht, ob er gerechnet hat; mir wars zu kompliziert
und ich habe mich auf mein Gefühl verlassen und erst dann
gesehen, dass ich gewinne, als die Freiheiten 5:4 standen) und
verliert ca. 15 Steine. Wir spielen bis zuende und ich gewinne mit 38
Punkten. Das freut mich irgendwie, weil ich eigentlich nicht mit einem
Sieg hätte rechnen dürfen. Der Gegner nennt sich hier
Shodan, da hab ich wohl ein Riesenglück gehabt :-). Obwohl ich
weiß, dass eine einzelne Partie noch gar nichts aussagt,
fühle ich mich trotzdem irgendwie stark heute, hat Spaß
gemacht!
Mittlerweile ist es 19:30, und ich erinnere mich an mein
Versprechen, das Go-Spielmaterial zurück in die Bar zu bringen,
wo es hingehört. Eigentlich hätt ich das schon gestern tun
sollen, aber da war ja das Musikprogramm, sodass ich mir dachte, dass
es eh sinnlos ist. Ich verabschiede mich also, werde noch ermutigt
wiederzukommen und fahre heimwärts. Die Bar liegt auf dem Weg ins
Wohnheim, sodass ich kurz vorbeischaue, obwohl ich das Spielmaterial
nicht bei mir habe. Zu meiner Überraschung hat sie gar nicht
offen. Was nun? Zurückradeln und noch ne Partie spielen? Aber ich
habe gerade schon drei Stunden angestrengt aufs Brett gestarrt, erst
auf eine andere Partie, dann auf meine eigene, ach nein, es
genügt für heute. Also zurück ins Wohnheim.
Dort frickle ich noch ein bisschen an meinem rsync rum, schreibe
diese Zeilen und treffe zwischendurch im Aufenthaltsraum Henrik,
Annegret und Gary, die gerade Pfannkuchen gebacken und einen
übrig haben. Da sag ich nicht nein, das reicht mir dann auch wohl
schon zum Abendessen.
Ich merke deutlich, dass ich so gut wie überhaupt keine
körperliche Bewegung habe hier; das bisschen Fahrradfahren auf
der Affenschaukel kann man nicht wirklich zählen, da die
Entfernungen nicht wirklich groß sind und ich mich in der Hitze
nur ganz, ganz vorsichtig fortbewege. Seit dem Unfall noch
vorsichtiger. Und mein Körper scheint sich an den Bewegungsmangel
anzupassen und will weniger zu essen haben. Hätte ich so einen
Hunger und Lebenswandel wie in Hannover, dann würde ich jeden
Abend ein anderes Restaurant ausprobieren hier. So kommt es immer
häufiger vor, dass der Nachmittagssnack irgendwie ausreicht. Oder
ich abends nur eine Kleinigkeit aus dem Mini-Stop esse.
Das heutige Schriftzeichen auf meinem Telefon hatte ich
übrigens bisher immer als ± gelesen und mich gefragt, was
die wohl in Japan mit Plus/Minus 9 Uhr PM meinen. Jetzt seh ich
klarer, heute ist einfach nur Samstag, der Tag der Erde :-).
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