8.8., Ein langweiliger Sonntag

Nachdem der Wecker mich um 6:30 kurz wachgemacht hat, stehe ich um 8:30 auf. Nach dem Frühstück, das ich wieder einmal bei Denny's einnehme, überlege ich mir, nach Nagoya zu fahren, um nun endlich ein elektronisches Wörterbuch und vor allem Go-Spielmaterial für die Campus-Bar zu kaufen. Zum Glück besinne ich mich darauf, dass Sonntag ist. Womöglich hat ein Spezialgeschäft für Go-Material ja gar nicht offen?

Zurück im Wohnheim nehme ich all meinen Mut zusammen und rufe das erste Mal jemanden in Japan an, innerlich hoffend, dass vielleicht keiner drangeht und ich daraus dann wohl schließen müsste, dass der Laden sonntags zu hat. Es geht aber jemand dran. Ich stottere, dass ich Go-Brett und -Steine kaufen will und ob sie heute geschlossen haben (ich weiß leider nicht, wie man fragt, ob sie offen haben.). Sie haben tatsächlich geschlossen. Dann frage ich noch, wie es morgen aussieht, und bekomme als Antwort ein anderes Wort als das für geschlossen. In der Annahme, dass das dann wohl geöffnet bedeutet, lege ich auf.

Also nicht nach Nagoya heute. So schaffe ich es endlich, mein Tagebuch auf den neusten Stand zu bringen. Ansonsten gammle ich den ganzen Tag im Wohnheim rum, spiele Klavier, lerne ab und zu ein bisschen, surfe sinnlos im Internet rum. Ich überlege einige Male, ob ich Go spielen gehen soll, fühle mich aber irgendwie zu schlapp, eine Partie gegen einen japanischen Dan-Spieler zu spielen.

Abends fragt mich ein Mitbewohner, ob ich Lust habe, mit ihm in die Yellow-Cab-Bar zu gehen. Da ich die noch nicht kenne, keine andere Idee und auch schon Hunger habe, schließe ich mich ihm an. Wir sind gegen 8 wohl etwas früh dran und außer einer Japanerin, die bald geht, die einzigen Gäste, sodass der Barkeeper, Makihara san, sich mit uns unterhält Foto dazu. Ach ach, so schwierig hätte ich mir Japanisch nicht vorgestellt irgendwie. War wohl doch etwas naiv anzunehmen, dass ich das in zwei Wochen hier mal so eben lernen würde. Immerhin ist er es anscheinend gewohnt, mit Yamasa-Studenten zu sprechen, denn er wiederholt langsam und geduldig die Sätze, die ich nicht verstehe, und korrigiert mich, wenn ich mal wieder die Formen für Zeiträume und Zeitpunkte verwechsle oder meine Partikel durcheinanderkriege.

Früher oder später werde ich wie immer gefragt, warum ich Japanisch lerne, und dann kriege ich regelmäßig die Kurve zum Go. Makihara san erzählt mir, dass er zwar die Regeln kennt, aber nicht wirklich gut spielen kann. Ich fange eine Partie auf dem 9 × 9-Brett mit ihm an, aber er stellt sich in der Tat sehr unbeholfen an, sodass wir es nochmal mit vier Vorgabesteinen probieren. Diese Partie kriegen wir aber nicht zuende, da sich der Laden auf einmal füllt und er jetzt mit Kochen und dem Ausschenken von Getränken beschäftigt ist. Macht ja nichts, ich muss ja auch nicht andauernd mit jedem Anfänger, der mir begegnet, Go spielen. Wir kommen noch mit einem anderen Japaner ins Gespräch, wobei Thomas dies weitgehend allein bestreitet, weil er deutlich besser Japanisch kann als ich :-(.

 

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©2004 by Harald Bögeholz