Nachdem der Wecker mich um 6:30 kurz wachgemacht hat, stehe ich um
8:30 auf. Nach dem Frühstück, das ich wieder einmal bei
Denny's einnehme, überlege ich mir, nach Nagoya zu fahren, um nun
endlich ein elektronisches Wörterbuch und vor allem
Go-Spielmaterial für die Campus-Bar zu kaufen. Zum Glück
besinne ich mich darauf, dass Sonntag ist. Womöglich hat ein
Spezialgeschäft für Go-Material ja gar nicht offen?
Zurück im Wohnheim nehme ich all meinen Mut zusammen und rufe
das erste Mal jemanden in Japan an, innerlich hoffend, dass vielleicht
keiner drangeht und ich daraus dann wohl schließen müsste,
dass der Laden sonntags zu hat. Es geht aber jemand dran. Ich
stottere, dass ich Go-Brett und -Steine kaufen will und ob sie heute
geschlossen haben (ich weiß leider nicht, wie man fragt, ob sie
offen haben.). Sie haben tatsächlich geschlossen. Dann frage ich
noch, wie es morgen aussieht, und bekomme als Antwort ein anderes Wort
als das für geschlossen. In der Annahme, dass das dann wohl
geöffnet bedeutet, lege ich auf.
Also nicht nach Nagoya heute. So schaffe ich es endlich, mein
Tagebuch auf den neusten Stand zu bringen. Ansonsten gammle ich den
ganzen Tag im Wohnheim rum, spiele Klavier, lerne ab und zu ein
bisschen, surfe sinnlos im Internet rum. Ich überlege einige
Male, ob ich Go spielen gehen soll, fühle mich aber irgendwie zu
schlapp, eine Partie gegen einen japanischen Dan-Spieler zu
spielen.
Abends fragt mich ein Mitbewohner, ob ich Lust habe, mit ihm in die
Yellow-Cab-Bar zu gehen. Da ich die noch nicht kenne, keine andere
Idee und auch schon Hunger habe, schließe ich mich ihm an. Wir
sind gegen 8 wohl etwas früh dran und außer einer
Japanerin, die bald geht, die einzigen Gäste, sodass der
Barkeeper, Makihara san, sich mit uns unterhält . Ach ach, so schwierig
hätte ich mir Japanisch nicht vorgestellt irgendwie. War wohl
doch etwas naiv anzunehmen, dass ich das in zwei Wochen hier mal so
eben lernen würde. Immerhin ist er es anscheinend gewohnt, mit
Yamasa-Studenten zu sprechen, denn er wiederholt langsam und geduldig
die Sätze, die ich nicht verstehe, und korrigiert mich, wenn ich
mal wieder die Formen für Zeiträume und Zeitpunkte
verwechsle oder meine Partikel durcheinanderkriege.
Früher oder später werde ich wie immer gefragt, warum ich
Japanisch lerne, und dann kriege ich regelmäßig die Kurve
zum Go. Makihara san erzählt mir, dass er zwar die Regeln kennt,
aber nicht wirklich gut spielen kann. Ich fange eine Partie auf dem
9 × 9-Brett mit ihm an, aber er stellt sich in der Tat
sehr unbeholfen an, sodass wir es nochmal mit vier Vorgabesteinen
probieren. Diese Partie kriegen wir aber nicht zuende, da sich der
Laden auf einmal füllt und er jetzt mit Kochen und dem
Ausschenken von Getränken beschäftigt ist. Macht ja nichts,
ich muss ja auch nicht andauernd mit jedem Anfänger, der mir
begegnet, Go spielen. Wir kommen noch mit einem anderen Japaner ins
Gespräch, wobei Thomas dies weitgehend allein bestreitet, weil er
deutlich besser Japanisch kann als ich :-(.
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