Gestern war ich doch nicht so vernünftig wie geplant, sondern habe
in der Bar bis tief in die Nacht mit Anfängern Go gespielt . Daher schlafe ich bis 14
Uhr, obwohl mich der doofe Wecker natürlich wieder mal um 6:30
weckt und ich zwischendurch um 11 mal aufstehe und dusche, mich dann
aber doch wieder hinlege.
Mir ist total faul zumute. Zum Brunch gibts eine Kreuzung aus
Frühstück und Mittagessen : Reis und Misosuppe, dazu
ein bisschen Steak (links oben), Salat, Gemüsekrams und einen
Würfel seltsamen Glibber, der ohne alles nach gar nichts schmeckt
und mit Sojasoße nach Sojasoße schmeckt. Tofu wohl.
Ich spiele in der Aoi Hall ausgiebig Klavier, mindestens eine
Stunde, schaue lustlos in mein Japanischbuch, um es dann doch schnell
wieder zur Seite zu legen (Hausaufgaben? Heute schon? Ach, nee...),
fahre wieder in mein Wohnheim, surfe nutzlos im Internet herum und
spiele im dortigen Aufenthaltsraum auch noch ein bisschen Klavier.
Da die sauberen Unterhosen fast alle sind, beschließe ich,
das Projekt Wäsche in Angriff zu nehmen. Zunächst besichtige
ich den Hochglanz-Waschsalon unmittelbar neben dem Wohnheim . Die wollen mich wohl
ärgern, die Japaner. Auf dem Schild mit der Bedienungsanleitung
für die Waschmaschinen ist das einzige in Englisch die
Information, dass es sich um die Bedienungsanleitung handelt . Der Rest ist nur mit
Bildern und Japanisch. Wenn ich das richtig interpretiere, soll man
kein Waschpulver reintun. Haben diese High-Tech-Maschinen etwa das
Waschpulver schon drin? *grübel* Außerdem gibt es vor dem
Start drei Knöpfe zur Auswahl . Einer ist mit Kanji
beschriftet, auf dem zweiten steht in Katakana softo und auf
dem dritten haado.
Hmm. Ich kann also meine Wäsche hart oder weich oder
chinesisch haben. Aber von Temperatur steht hier nix, jedenfalls
nichts, was ich lesen könnte. Nachdenklich betrachte ich auch das
Schild über dem Trockner , das anscheinend besagt,
dass man keine Kinder und Hunde reintun soll. Die Trockner sind hier
so bombastisch groß, dass die Gefahr vielleicht wirklich
besteht.
Aber es gibt ja noch die Münzwaschmaschinen im
Studentenwohnheim . Die sind auch voller japanischer Schriftzeichen,
haben aber nur einen einzigen Startknopf . Da kann man schon nichts
falsch machen. Allerdings müsste man Waschpulver kaufen. In
meinem Zimmer fällt mir ein, dass ich ja nur mein eines
Köfferchen vollständig ausgepackt habe, die Reisetasche mit
den langen Hosen und den Sweatshirts für kalte Tage in Neuseeland
noch nicht. Darin finde ich noch einige Wäsche und
beschließe, das Projekt Wäsche zu vertagen. Ich bin so
unglaublich faul, hab zu gar nichts Lust.
Nach Sonnenuntergang denk ich mir, ich könnte ja mal ein Foto
von dem Bierladen machen und bei der Gelegenheit natürlich ...
Der hat aber dummerweise zu. Immerhin gibt es einen Bier-Automaten,
aber für den fehlt mir das Kleingeld. Ich beschließe also,
im Mini-Stop schonmal Waschmittel zu
kaufen. Auch das erweist sich als schwierig. Was von all den japanisch
beschrifteten Sachen mag wohl Waschmittel sein? Ich entscheide mich
schließlich für eine Schachtel, die so aussieht und in
Katakana mit suupaa kuriinu beschriftet ist ("super clean"),
und bekomme Wechselgeld, das für den Bierautomaten geeignet ist.
Ach ja, und eine Schachtel Sushi kauf ich mir noch zum Abendessen.
Im Aufenthaltsraum schalte ich den Fernseher an und suche den
Go-Kanal. Es gibt hier einen Fernsehkanal, auf dem den ganzen Tag
über Go-Partien übertragen werden *freu*. Bei Bier und Sushi
schaue ich einer Partie zu, die offensichtlich extrem weit über
meinem Niveau gespielt wird, und die zwei Kommentatoren auf einem
Demobrett zwischendurch immer wieder kommentieren. Ist wohl irgendwie
eine Honninbo-Partie, jedenfalls kommt das Wort ab und zu vor. Leider
reicht mein Japanisch nicht wirklich aus, die Kommentare zu verstehen,
aber lustigerweise legen sie immer die Varianten aufs Brett, über
die ich auch gerade nachgedacht habe. Ich verstehe also kaum ein Wort
vom Japanisch, aber vom Go doch ein bisschen was. Ich ertappe mich
kurz bei dem Gedanken, ob ich vielleicht doch hätte Go spielen
gehen sollen, aber ich bin heute einfach den ganzen Tag lang schon so
unglaublich schlapp, dass ich einfach keine Lust hatte.
Eigentlich wollte ich nicht mal Tagebuch schreiben heute, aber ein
paar Zeilen sind es ja jetzt doch geworden. Heute werde ich früh
ins Bett gehen, damit ich morgen fit bin.
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